Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat die scharfe Linie seines Landes in der Migrationspolitik verteidigt. Im Interview mit der Bildzeitung sprach der 60-Jährige davon, dass Migrantengruppen mit europäischen Werten oft nichts anzufangen wüssten. Daher lehne sein Land die Aufnahme dieser Menschen ab. Zudem äußerte sich Orban zur AfD, die er als „demokratisch gewählte Partei“ bezeichnete.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat seine harte Linie in der Migrationspolitik verteidigt und sich jeglicher Einmischung aus Deutschland widersetzt. „Wahrscheinlich mögt ihr Deutschen die Migration. Ihr seid stolz darauf, ein Land von Neuankömmlingen zu werden. In Ungarn haben wir eine andere Meinung“, so der 60-Jährige im Gespräch mit der Bildzeitung in Budapest. Sein Land unterscheide klar zwischen Gastarbeitern und Migranten, fuhr Orban fort. Deutschland hingegen mache diesen Unterschied nicht. „Unsere Haltung ist vorsichtiger“, erklärte der Ungar.
„Diejenigen, die kommen möchten, müssen draußen warten“
An den europäischen Außengrenzen wünscht sich der Ministerpräsident eine harte Linie Europas. „Die Situation ist, dass die Migration mehr und mehr zu einer historischen Herausforderung wird. Und wir Europäer sind nicht in der Lage, die richtige Antwort zu finden“, kritisierte Orban. Die Antwort auf das Problem sei jedoch klar: „Wenn jemand das Gebiet der Europäischen Union betreten möchte, müssen wir zuerst ein Verfahren haben. Und diejenigen, die kommen möchten, müssen draußen warten“, so der 60-Jährige. In seinem eigenen Land herrsche sowieso eine weitaus striktere Migrationspolitik: „In Ungarn haben wir eine andere Meinung. Wir denken, es ist zu riskant. Deshalb lehnen wir die Migration ab, besonders die illegale.“ Als der Bild-Journalist Orbans Meinung zur Situation in Deutschland erfragen möchte, lehnt dieser eine Bewertung ab. „Ihr Land hat seinen eigenen Standpunkt. […] Meine einzige freundliche Bitte an Sie ist: Bitte mischen Sie sich nicht ein, wie die Ungarn ihre eigenen Entscheidungen treffen möchten. […] Ich mische mich auch nicht in die Denkweise der Deutschen in Sachen Migration ein.“
„Wir Ungarn sind der Meinung, dass es einige Werte gibt, die in Ungarn geschützt werden müssen“
Die Vorwürfe einiger Journalisten und Politiker, der ungarische Ministerpräsident agiere wie ein Diktator, lassen Orban offensichtlich kalt. Niemand in der europäischen Politik könne eine ähnliche Erfolgsbilanz aufweisen, erklärte der 60-Jährige und verwies wiederum auf die Migrationsthematik, die dem Ungar in linken Medien gerne negativ ausgelegt wird. „Ich sage immer: Leute, okay, wir sind uns nicht einig über Migration. Denn wir Ungarn sind der Meinung, dass es einige Werte gibt, die in Ungarn geschützt werden müssen – man kann sie als europäische Werte bezeichnen“. Diese seien beispielsweise die Gleichbehandlung von Frauen oder kein Antisemitismus. Migrationsgruppen könnten mit diesen Werten oft nichts anfangen: „Warum sollten wir Ungarn das Risiko eingehen, Gemeinschaften zu haben, die unsere wichtigsten europäischen Werte nicht respektieren? Deshalb lehnen wir sie ab.“ Die Deutschen würden das nicht tun. „Zwingen Sie mich nicht, denselben Fehler zu begehen und dieselbe Entscheidung zu treffen, die ich auf Ihrer Seite für einen Fehler halte.“
„Wir haben keinen einzigen Pfennig aus Brüssel erhalten“
Den europäischen Asylkompromiss lehnt Orban zudem grundsätzlich ab. Dieser sei nur ein „Pullfaktor“, der die Botschaft an die Schleuser sende, einfach so weiterzumachen wie bisher. Strafgeld, so wie in den jüngsten Plänen der EU-Innenminister vorgesehen, möchte der ungarische Ministerpräsident nicht bezahlen: „Wir geben mehr als zwei Milliarden Euro aus, um den Schengen-Raum gegen illegale Einwanderer zu verteidigen. Wir haben keinen einzigen Pfennig aus Brüssel erhalten. Wofür sollen wir mehr bezahlen?“ Ungarn habe sein ganzes Geld ausgegeben, um Europa und auch Deutschland zu verteidigen und sei „der Meister der Verteidigung der Außengrenze der Europäischen Union.“ Aussagen aus dem Jahr 2015 bereue Orban nicht.
„Die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei“
Zum Ende wird das Gespräch vonseiten der Bild auf den Aufstieg der AfD gelenkt, die in einer Frage als „Faschisten“ bezeichnet werden. Orban wehrt das ab. „Ich würde nie etwas über eine demokratisch gewählte deutsche Partei sagen.“ Auch bei der Frage, ob der ungarische Ministerpräsident die Chefs der AfD einmal nach Ungarn einlade, bleibt sich Orban treu. Zwar gebe es derzeit keinen Grund für eine Einladung, „aber diese Partei ist eine demokratisch gewählte Partei. Es ist eine deutsche Partei.“