Bis Ende Januar eines jeden Jahres stellt der Bundeswirtschaftsminister traditionell den Jahreswirtschaftsbericht vor, in dem über die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung sowie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes informiert wird. Neben einem Rückblick auf das vergangene Jahr gibt der Minister auch einen Ausblick auf das kommende. Auch in diesem Jahr fällt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diese Aufgabe zu, der seit seinen peinlichen Talkshow-Patzern gehörig unter Druck steht und in den Beliebtheitsrankings verschiedener Forschungsinstitute massiv abgerutscht ist. Ob es dem in der Dauerkrise befindenden Minister gelingt, mit seiner heutigen Rede aus der medialen Schusslinie zu geraten?
Robert Habeck (Grüne, Bundeswirtschaftsminister): Wir haben den Trend der Inflation gebrochen
Ausreden und Schönfärberei: Beim Zuhören der Rede des Bundeswirtschaftsministers wird schnell deutlich, dass Robert Habeck zum einen Ausreden für die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes sucht und zum anderen versucht schönzureden, was nicht mehr schönzureden ist. Mit Blick auf die Ukraine erklärt der 53-Jährige: „Wir zahlen einen ökonomischen, volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Preis. Aber ich möchte noch einmal unterstreichen, diesen Preis nicht zu zahlen, dramatisch viel schlimmer wäre.“ Dieser Preis sei „nichts zu dem, was die Menschen in der Ukraine erdulden“ müssten. Wenn wir diesen Preis der Unterstützung für die Ukraine nicht bereit sind zu zahlen, dann werden wir eine Schuld auf uns laden, so Habeck, der fordert, den Jahreswirtschaftsbericht vor dem Hintergrund des „Epochenbruchs“ gesehen werde. Die Zahlen des Wirtschaftsberichts seien „nicht gut“, aber „bei weitem besser“, als das zuvor vermutet worden sei. „Wir haben den Trend der Inflation gebrochen“, erklärt Habeck, während die Inflationsrate des Jahres 2022 auf 7,9 Prozent taxiert wird. Mehr Realitätsverweigerung geht eigentlich nicht mehr, könnte man jedenfalls meinen, bis Habeck in seinem Redebeitrag erklärt, der Jahreswirtschaftsbericht spiegele das Vertrauen in die Politik wider. Beinahe überall sei eine „Tendenz nach oben“ erkennbar, wenn auch „nicht gut“. Für das Jahr 2023 werden immerhin nur 6 Prozent Inflationsrate erwartet, wobei das keineswegs sicher ist und im Lebensmittel und Energiebereich natürlich weit höhere Zahlen erwartbar sind. Zum Ende kündigt Habeck noch an: „Wir werden den Aufschwung klimaneutral organisieren in diesem Land.“ Das klingt nach seiner bisherigen Bilanz eher wie eine Drohung als Ankündigung.
Jens Spahn (Union): Kritik an Wirtschaftslage, die Union selbst mitzuverantworten hat
Die Union habe vor den Gefahren der Inflation, die der Raub am kleinen Mann sei, schon lange gewarnt, so Jens Spahn für die Unionsfraktion. Eine Trendumkehr erkennt Spahn im Gegensatz zu Wirtschaftsminister Habeck hier nicht. Der ehemalige Gesundheitsminister kritisiert, dass nicht das Wachstum im Jahreswirtschaftsbericht im Mittelpunkt stehe, dabei sei gerade das in der jetzigen Situation notwendig. Es folgt eine Analyse der derzeitigen wirtschaftlichen Lage im Land und der Energiepolitik der Ampel. Deutschland falle in den Jahresrankings immer weiter zurück, es brauche eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, fordert der 42-Jährige. Habeck solle seinen Blick über das Thema Klimaschutz weiten, es benötige beispielsweise eine Ausweitung des Energieangebots durch den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in Deutschland. Dass es seine Union war, die den Ausstieg aus der Kernkraft massiv vorantrieb, verschweigt Spahn.
Verena Hubertz (SPD): Lob für die Ampel, kein Wort zur Krise
Für die SPD-Fraktion spricht Verena Hubertz, die das vergangene Jahr als „anstrengendes Jahr für die Wirtschaft“ beschreibt. Warum Deutschland, laut ihrer eigenen Aussage, einigermaßen gut durch die Krise gekommen sei? Dank der Ampelregierung mit ihren Abwehrschirmen und Preisbremsen. Diese würden den Menschen auch weiterhin helfen, „dass wir weiter gut durch die Krise kommen“. Ein Verteidigungsplädoyer gibt es zudem für das Bürgergeld, das eine Weiterbildungsoffensive für die Wirtschaft sei, und die Migrationspolitik der Ampel. Es brauche Kräfte im Arbeitsmarkt, „die wir auch durch Einwanderung herbekommen wollen“. Klare Worte zur Krise bleibt die 35-Jährige schuldig.
Leif-Erik Holm (AfD): „Es ist ihre falsche Politik, Herr Minister Habeck!“
Leif-Erik Holm von der AfD-Fraktion kritisiert den Bundeswirtschaftsminister für seine Politik scharf. „Sie servieren die gleiche Transformationssoße wie im letzten Jahr“, das verschärfe die Lage. „Was tun Sie gegen die Inflation? Nichts!“ wirft Holm der Regierungsbank entgegen. Es laufe ein „Sozialvernichtungsprogramm“, zudem schreite die Deindustrialisierung Deutschlands voran. Unternehmen wie Bayer oder BASF seien auf dem Absprung, dem Minister fehle das Rezept dazu, die Firmen hier zu halten. Was ist denn, wenn die Automobilindustrie abspringt? fragt der AfD-Fraktionsvize. Arbeitsplätze gehen verloren, die überbordende Bürokratie tue ihr Übriges dazu. Zum Ende seines Redebeitrags kommt der 52-Jährige, ähnlich wie Unionsredner Spahn, auf die Kernenergie zu sprechen. Während andere Länder auf einen Ausbau dieser und einen breiten Energiemix setzen, verweigere die Ampel diesen notwendigen Schritt. „Es ist ihre falsche Politik, Herr Minister“, die die schwierige Lage in Deutschland verursache, resümiert Holm.
Die Rede von Leif-Erik Holm im Video:
Reinhard Houben (FDP): Bundesregierung habe geliefert wie keine andere vor ihr
Die FDP setzt, ähnlich wie der Bundeswirtschaftsminister, auf Schönfärberei. „Wir sind gewachsen“, so Reinhard Houben in Blick auf die 1,9 Prozent Steigerung des Bruttoinlandsprodukts. „Wer hätte das nach diesem Jahr gedacht?“ Der 62-Jährige attestiert der Ampel einen starken Einstand, keine Bundesregierung habe von Start weg „so geliefert“. Nach weiteren Minuten der Realitätsverweigerung erkennt der Liberale wenigstens an, dass die Lage weiter schwierig sei.
Amira Mohamed Ali (Die Linke): Lage weit ernster, als Habeck es darstellt
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali wirft Wirtschaftsminister Habeck Schönfärberei vor. Die Lage sei weit ernster, als es Habeck darstelle, erklärt die 43-Jährige. Vielen Unternehmen drohe das Aus, es müsse dringend gehandelt werden. Ali spricht sich für eine funktionierende staatliche Preisaufsicht im Energiesektor aus und kritisiert die „kopflosen Energiesanktionen Deutschlands“. Vom Wirtschaftsminister müssten endlich Taten folgen, fordert Mohamed Ali.
Im Bundestag wird deutlich: Angespannte Lage, überforderter Habeck
Nach der Debatte in Berlin dürfte klar sein, dass Bundeswirtschaftsminister Habeck kein Befreiungsschlag gelungen ist. Ganz im Gegenteil grenzte seine Rede zeitweise an Realitätsverweigerung, beispielsweise als der 53-Jährige von einem Inflationsbruch durch die Ampel sprach. Zur Erinnerung: Knapp 8 Prozent Jahresinflation sind einer der höchsten Werte der vergangenen Jahrzehnte. Viele Bürger und Unternehmen stecken wegen der hohen Energiepreise in existenziellen Nöten. In dieser Situation braucht es Taten: Eine Ausweitung des Energieangebots, Steuersenkungen und Anreize für Unternehmen, ihre Standorte in Deutschland zu erhalten. Von Habeck gibt es stattdessen Schönfärberei. Dieser Minister ist nach objektiven Kriterien eigentlich nicht mehr tragbar.