Debatte der Woche: Weidels Abrechnung mit Scholz

Alice Weidel rechnet im Bundestag mit der Politik von Kanzler Olaf Scholz ab

Alice Weidel - Debatte der Woche

Ukraine-Russland-Krieg, Wirtschaft, Migration: Es sind große Probleme, die auf der Tagesordnung des Sondertreffens des Europäischen Rates in Brüssel stehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird für das Treffen der Staats- und Regierungschefs Ende der Woche in die belgische Hauptstadt reisen. In seiner Regierungserklärung legt der Kanzler seine Sicht auf das Treffen dar. Aus der Opposition hagelt es teils harsche Kritik.

Regierungserklärung Olaf Scholz (SPD): Schärfere Sanktionen für Russland

Nach einem kurzen Gedenken an die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien geht Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Thematik Russland-Ukraine-Krieg über. Schon über 12 Milliarden Euro habe die Bundesrepublik im vergangenen Jahr an die Ukraine bezahlt, das werde in diesem Jahr so weitergehen, kündigt Scholz an.

Für seine Ukraine-Politik skizziert der 64-Jährige drei Prinzipien: Die Ukraine müsse dabei unterstützt werden, seine territoriale Integrität verteidigen, und zwar „so lange wie nötig“. In Zuge dieser Aussage kündigt der Bundeskanzler zudem an, dass die Russland-Sanktionen weiter verschärft werden. Zu verstehen sei das als „klares Signal an Putin“. Jedoch solle keine Entscheidung getroffen werden, die die NATO in den Krieg hineinziehe. Zudem würden Entscheidungen immer im Gleichklang mit den Verbündeten getroffen.

Die Sondertagung des Europäischen Rates werde genutzt, um die weitere gemeinsame Linie abzustecken, berichtet der Kanzler. Zudem werde das Versprechen bekräftigt, dass der Rat der Ukraine im Juni letzten Jahres gegeben hat. Die Zukunft der Ukraine, so Scholz, liege in der Europäischen Union: „Und dieses Versprechen gilt!“

Zum Thema Migration berichtet der frühere Finanzminister, dass Einiges in Deutschland und Europa vorangekommen sei. Deutschland sei auf Einwanderung in den Arbeitsmarkt angewiesen. Es sei gut, dass es in Zukunft ein modernes Zuwanderungsrecht gebe, dass nach Deutschland „einlade“. Wer jedoch kein Bleiberecht erhalte, müsse Deutschland verlassen, erklärt der SPD-Politiker und vergisst wohl die 300.000 ausreispflichte Ausländer, die sich jetzt schon im Land befinden. Es folgt höhnisches Gelächter aus dem Plenum.

Zur Lage der Wirtschaft wird es zum Ende hin euphemistisch. Die Zahl der Beschäftigten in der Europäischen Union sei auf Rekordhoch, „es gehe voran“. In Südamerika gebe es neue Partnerschaften, berichtet Scholz zudem von seiner letzten Reise. Europa brauche sich im wirtschaftlichen Vergleich mit dem Rest der Welt „nicht zu verstecken“. Den bisherigen „Kompass“ der Bundesregierung in der Außen- und Europapolitik wolle Scholz zu dem Treffen nach Brüssel mitnehmen.

Friedrich Merz (Union): „Zu wenig“ und „zu späte“ Unterstützung für Ukraine

Auch für Friedrich Merz steht der Russland-Ukraine-Krieg an erster Stelle seines Redebeitrags.  Große Teile der sog. Zeitenwende fänden nur auf dem Papier statt. Deutschland habe bei Waffenlieferungen in die Ukraine immer „gebremst und gezögert“, resümiert der 67-Jährige. Die Auslieferung der Leopard-Panzer dauere zu lange, die Soldatenausbildung der Ukrainer werde jetzt erst begonnen. Bei der Munition müsse es zudem schneller vorrangehen. Rüstungsunternehmen würden sich reihenweise bei Unionsabgeordneten melden und beschweren. „Herr Bundeskanzler, so können Sie nicht mit Bündnisverpflichtungen umgehen!“, ruft der CDU-Chef in Richtung Regierungsbank. Er hoffe, dass Deutschland nicht irgendwann sagen müsse: „Das war zu wenig, und das war zu spät!“

Beim Thema Migration holen Merz die Geister Angela Merks ein. Wir wollen so vielen Menschen in Not helfen, wie es gehe, so der Unionsfraktionsvorsitzende. Jedoch seien Aufnahmekapazitäten mittlerweile erschöpft und die zuständige Innenministerin Nancy Faeser schon eher im Hessenwahlkampf in Wiesbaden als in Berlin unterwegs. Merz fordert Scholz dazu auf, zu einem Flüchtlingsgipfel einzuladen, zudem brauche es Ergebnisse für den besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Dafür, behauptet der Sauerländer ernsthaft, stehe die Union schon lange. Es folgt ebenfalls hämisches Gelächter aus dem Plenum, war es doch die Union, die Tür und Tor für Migranten aus aller Welt öffnete.

Katharina Dröge (Bündnis 90/Grüne): Mehr Waffen für Ukraine, weniger Abschiebungen in Deutschland

Die Grünen lassen ihr altes Image als Friedenspartei schlussendlich hinter sich. Klar wird das beim Redebeitrag von Fraktionschefin Katharina Dröge, die stark für die Lieferung schwerer Waffen und Kampfpanzer in die Ukraine wirbt. Moderne Kampfpanzer, behauptet die 38-Jährige, würden „Leben retten.“

Während es in Osteuropa immer weitergehen soll mit den kriegerischen Handlungen, soll es in der Asylpolitik so lasch wie möglich zugehen. Hier müsse es primär um „Hilfe und Unterstützung“ gehen, wünscht sich die Grünen-Politikerin. Kein Mensch fliehe ohne Grund, dass sei der Grund für Migration. In der gemeinsamen EU-Asylpolitik brauche es Schutzstandards, die wohl einen weiteren Pull-Effekt für Migranten nach sich ziehen würden.

Im zweiten Teil ihrer Rede handelt Dröge dann noch das grüne Vorreiterthema Klimaschutz ab. Wer diesen ausbremse, gefährde den Wirtschaftsstandorts Europa. Die Zukunft setze auf grünen Wasserstoff und elektrische Autos. Wer diese Politik nicht wolle, blockiere Zukunftstrends, meint Dröge. Ganz am Ende richtet sie Worte an die Unionsfraktion: Diese solle Stolz auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihren Grün-Kurs sein. Die Unionsabgeordneten wirken peinlich berührt.

Dr. Alice Weidel (AfD): „Herr Scholz, können sie morgens eigentlich noch in den Spiegel schauen, für die Fehlleistung, für die ihre Regierung steht?“

AfD-Fraktionschefin Dr. Alice Weidel rechnet in ihrem Redebeitrag mit Olaf Scholz und seinem Kabinett drastisch ab. „Herr Scholz, können sie morgens eigentlich noch in den Spiegel schauen, für die Fehlleistung, für die ihre Regierung steht?“ fragt die 44-Jährige in Richtung Regierungsbank. Außenministerin Baerbock verkünde leichtsinnig Krieg in Russland, Wirtschaftsminister Robert Habeck hausiere beim Klimaschutz und wolle Deutschland in einem Brüsseler Bundesstatt aufgehen lassen. Teilzeitinnenministerin Nancy Faeser nutze das Amt nur als Sicherheitsgurt für ihre Karrierepläne, falls die Hessenwahl schlecht laufe und Karl Lauterbach suche die Schuld für seinen Corona-Blindflug mittlerweile bei anderen.

So ein Kabinett, schlussfolgert Weidel, könne niemand ernst nehmen. Das Land entwickle sich zum Gespött der Welt und werde einem Entwicklungsland immer ähnlicher. Olaf Scholz sei hier ein würdiger Nachfolger von Angela Merkel, resümiert die AfD-Chefin sarkastisch, die kurz danach Aufklärung zu den Anschlägen der Nordstream-Leitungen fordert.

Im Teil Energiepolitik hat es Weidel auf die Windräder abgesehen, die der Bundeskanzler in Zukunft im Rekordtakt errichten will. Weidel lehnt das ab: Windräder sind Subventionsgräber und Geldvernichtungsmaschinen, so die 44-Jährige. Wenn kein Wind weht, liefern Windräder auch keinen Storm, die bereits heute die Landschaft verschandeln, wird Weidel deutlich. Es sei zudem ökonomischer Suizid, die Kernkraft abzuschalten. Im Anschluss fordert die AfD-Chefin: Deutschland braucht den Wiedereinstieg in die Kernkraft, fragen Sie morgen in Brüssel!

Zum Ende wird es noch einmal dramatisch. Die Entscheidung, Kampfpanzer in die Ukraine zu schicken, sei fatal. Deutschland, erläutert Weidel emotional, werde defacto zur Kriegspartei gemacht, in einem Krieg, „der nicht der unsere ist“. Als Experten müssten endlich Militärexperten und keine „ungedienten Sofastrategen“ herangezogen werden. Es brauche dringend einen Kompromiss. „Sie können eine Atommacht nicht in die totale Niederlage treiben, ohne zu riskieren, die Welt in die Luft zu jagen schlussfolgert Weidel. „Sie machen Deutschland zur Zielscheibe!“ ruft die 44-Jährige. Bundeskanzler Olaf Scholz fordert sie auf, auf dem anstehenden Treffen endlich für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland einzutreten.

Die Rede von Alice Weidel (AfD) im Video:

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Johannes Vogel (FDP) behauptet: AfD ist fünfte Kolonne Moskau

Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, beleidigt die patriotische Opposition zu Beginn seines Redebeitrags als „fünfte Kolonne Moskaus“. Vogel ist sich sicher: Mehr Panzer zu liefern sei eine moralische Verantwortung, denn je schneller die Ukraine den Krieg gewinne, desto schneller „herrsche Frieden“.

Nach vielen Sätzen zur Ukraine und Russland folgen einige Minuten zur Migrationspolitik. Das angebliche „Ausspielen“ zwischen Migration und Arbeitsmarkt sei der falsche Weg, denn es brauche dringend mehr Migration, fordert Vogel. Ein „Einwanderungsland ist das, was uns stark macht“, erklärt der Liberale und benennt den Fachkräftemangel als großen Wachstumshemmer.

Amira Mohamed Ali (Die Linke): Krieg ist keine Bühne

Die Linksfraktion nutzt ihren Redebeitrag zu einer Abrechnung mit der Selbstdarstellung verschiedener Politiker im Ukraine-Krieg. Dieser Krieg sei keine Bühne, meint Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Ähnlich wie Weidel befürchtet auch Mohamed Ali, dass Deutschland Kriegspartei werden könnte. Es brauche nun eine diplomatische Offensive, fordert die 43-Jährige. „Korrigieren sie ihren Kurs, wir brauchen endlich ernsthafte Bemühungen für den Frieden!“   

Scholz überfordert, Weidel deutlich

Sei es Migration, Ukraine-Konflikt oder Migrationskrise: Bundeskanzler Olaf Scholz wirkt in der Fülle aufkeimender Krisenherde völlig überfordert. Die Unruhe in der eigenen Regierungsfraktion tut ihr übriges. Die Opposition nutzt diese schwache Lage für Angriffe auf den Kanzler, wobei die Union eher um die Ukraine als das eigene Land besorgt zu sein scheint. Die klarste Antwort auf den Kanzler kam heute aus den Reihen der AfD, für die Alice Weidel eine klare Abrechnung mit der Außen- Innen- und Wirtschaftspolitik in ihre zehnminütige Rede packte.

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