Debatte der Woche: Kommt die Corona-Impfpflicht?

Bundestagsdebatte um die Einführung einer Corona-Impfpflicht

Debatte der Woche - Corona-Impfpflicht

Nach wochenlangem Hin- und Her, Hintergrundgeschachere und zahllosen Zeitungsberichten ist heute der große Tag gekommen: Kommt eine Impfpflicht gegen Corona oder kommt sie nicht? In den vergangenen Tagen überschlugen sich die Nachrichtenanstalten mit Neumeldungen: Zuerst wurde für die allgemeine Corona-Impfpflicht geworben, diese dann aufgrund fehlender Mehrheiten zurückgezogen. Schließlich sollte es einen Mehrheitsbeschluss ab 50, danach ab 60 Jahren und ein verpflichtendes Impfregister geben. Doch auch dieser Vorschlag scheint nicht zustande zu kommen und nicht unbedingt eine Mehrheit zu erzielen.

Welcher Weg sich wohl durchsetzen wird? Der Impfmechanismus der Union? Die Ampel-Impfpflicht ab 60? Oder die Impffreiheit, wie Sie die AfD und eine kleine Gruppe weiterer Parlamentarier fordert? Eine der spannendsten Bundestags-Debatten der jüngeren Vergangenheit steht uns bevor.

Dagmar Schmidt (SPD): Impfpflicht über 60, Beratungsnachweispflicht für alle!

Dagmar Schmidt aus der SPD eröffnet die Debatte mit einigen Zahlen: Allein gestern habe es 200.000 Neuinfektionen mit Corona gegeben, 340 Menschen seien verstorben. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende warnt vor neuen Virusvarianten: Entweder die Impflücke werde geschlossen oder es drohen neue Maßnahmen und Freiheitseinschränkungen. Das Virus werde nicht einfach verschwinden, so Schmidt weiter, das Gesundheitssystem müsse entlastet und die Gesundheit der Menschen geschützt werden. Die 49-Jährige stellt den neuen Kompromissvorschlag vor: Es solle eine Beratungsnachweispflicht für alle Erwachsenen geben und eine Impfpflicht für die über 60-Jährigen, um vulnerable Gruppe zu schützen. Eine hohe Grundimmunität sei die Voraussetzung für ein normales Leben, so Schmidt.

Tino Sorge/Nina Warken (CDU/CSU): Union wirbt für Impfmechanismus

Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, wirbt für den „Kompromissvorschlag“ der Union. Ein Impfregister sei wichtig, so Sorge, um den Immunstatus der Bevölkerung zu erfassen. In seinen weiteren Worten beklagt der 47-Jährige, dass „mildere Maßnahmen“ wie die Maskenpflicht, die die Union offensichtlich befürwortet, ausgelaufen sind und nun eine Impfpflicht verabschiedet werden soll. Seine Fraktionskollegin Nina Warken beklagt ein „Wirrwarr“ von Anträgen und wirft der Ampelregierung vor, ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein. Die Union sei nicht untätig gewesen, das Konzept des Impfmechanismus, für den schon Sorge warb, liege auf dem Tisch. Auch sie verweist auf die „weicheren“ Maßnahmen, die nun nicht mehr gelten würden: Wer die Masken abgeschafft hat, dürfe nicht über eine Impfpflicht bestimmen. Warken wirbt wiederum für einen „Impfmechanismus der Zukunft“: Falls tödlichere Varianten auftreten, müsse eine schnelle Verabschiedung einer Impfpflicht möglich sein.

Dr. Alice Weidel/Martin Sichert (AfD): „Ein echter Demokrat macht nach der Wahl, was er vor der Wahl versprochen hat!“

Für die AfD-Fraktion, die geschlossen eine Impfpflicht ablehnt, sprechen Dr. Alice Weidel und Martin Sichert. „Das Grundgesetz hat den Zweck, die Freiheitsrechte der Bürger zu garantieren“, beginnt die Fraktionsvorsitzende Weidel ihren Redebeitrag. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit rage als wichtiges Grundrecht heraus, so die 43-Jährige. Die Impfpflicht sei “radikal verfassungsfeindlich“, eine „totalitäre Anmaßung“ und „Entwürdigung des Individuums“. Ab wann stelle der Körper denn keine Gefahr mehr da, fragt die AfD-Fraktionschefin: „Nach der zweiten, dritten, vierten oder fünften Impfung?“ Weitere Fragen folgen: „Wer gibt dem Staat das Recht, uns zu unserem angeblichen Glück zu zwingen?“ und „Sind die Befürworter klüger als der Rest?“ Weidel weist zudem auf die Pseudomoral der Befürworter hin, die jegliche Kritik an der Impfung abwehren soll. Der wahre Grund für die Impfpflicht seien die Millionen Dosen, auf denen der überforderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sitzen bleibe. „Das Impfpflichtgeschacher der Ampel ist nicht nur blamabel, es ist verantwortungslos!“ Die AfD-Abgeordnete weist zudem auf die Ermächtigung des Gesundheitsministeriums hin, die im Antrag verankert ist. Dieses könnte bald frei über Impfpflichten entscheiden. Die Impfpflicht gegen Corona sei hier nur das „Trojanische Pferd“ für weitere Pflichten.

Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Martin Sichert, erinnert in seinem Beitrag an die Wahlversprechen aller Parteien: „Ein echter Demokrat macht nach der Wahl, was er vor der Wahl versprochen hat!“ Dieser Tag heute sei der Tag, an dem die Wähler sehen, wer Demokraten sind und wer nicht. „Als überzeugte Demokraten werden wir halten, was wir vor der Wahl versprochen haben!“ so Sichert stellvertretend für seine Fraktion. „Ich fordere sie alle auf, zeigen Sie, dass Ihnen die Demokratie was wert ist, und stimmen sie gegen die Impfpflicht!“ endet der 41-Jährige.

Die Rede von Dr. Alice Weidel zur Impfpflicht im Video:

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Wolfgang Kubicki (FDP): Einzelkämpfer der FDP will keine Impfpflicht

FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki wendet sich in seinem Redebeitrag gegen die Einführung einer Impfpflicht in Deutschland. Durch Impfung werde keine Herdenimmunität erreicht, so Kubicki, eine Überlastung des Gesundheitswesens werde es wahrscheinlich nicht geben. Der 70-Jährige sieht es nicht als Staatsaufgabe, Erwachsene gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu verpflichten. Auch auf die mildere Variante Omikron kommt Kubicki zu sprechen. Eine allgemeine Impfpflicht, ob ab 18 oder 60, sei weder rechtlich noch gesellschaftspolitisch zu rechtfertigen.

Andrew Ullmann (FDP): Impfpflicht ab 60 mit „Scharfstellung“ im Herbst

Andrew Ullmann aus der FDP, der vergangene Bundestags-Debatte noch für eine Impfpflicht ab 50 Jahren geworben hatte, schließt sich nun dem Antrag zu einer Impfpflicht über 60 Jahren an. Die Aufklärungspflicht stehe an erster Stelle, so Ullmann, dann eine Impfpflicht über 60 Jahren mit „Scharfstellung“ im Oktober. Der 59-Jährige wendet sich in seinem Redebeitrag direkt an die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, wohl um deren Zustimmung zu gewinnen: Der Gesetzesentwurf sei ein Angebot „an Sie alle“.

Dr. Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen): „Wir haben Verantwortung, jetzt Vorsorge zu treffen!“

Der derzeit medial präsente Janosch Dahmen wirbt in seinem Redebeitrag für die Impfpflicht als Vorsorgegesetz. Die Pflicht ab 60 sei vernünftig und mit medizinischem Bedacht gewählt. Sie verfolge zwei Ziele: den Schutz vulnerabler Gruppen und den Schutz vor einer Überlastung des Gesundheitssystems. Dahmen möchte „heute handeln, um die Freiheit von morgen zu sichern“. Mit einem Appell endet der 40-Jährige: „Wir haben Verantwortung, jetzt Vorsorge zu Herbst zu treffen! Stimmen Sie für den Gesetzesentwurf, der vorliegt!“

Dr. Karl Lauterbach (SPD): Heute ist der Tag, werden Sie ihrer Verantwortung gerecht!

Der Bundesgesundheitsminister greift spät in die Debatte ein und wirbt wiederum für den Kompromissvorschlag einer Impfpflicht ab 60. Omikron sei eine mildere Variante, weil so viele geimpft sind, erklärt Karl Lauterbach zu Beginn. In einer Modellbeschreibung sagt der 59-Jährige 200 bis 300 Todesfälle pro Tag im Herbst voraus: „Wollen wir uns daran gewöhnen? Das kann keine humane Gesellschaft für uns sein!“ Zum Ende fordert Lauterbach offen die Unterstützung der Unionsfraktion: „Heute ist der Tag, werden Sie ihrer Verantwortung gerecht. Wir brauchen ihre staatstragende Unterstützung!“

Die AfD hält, was sie verspricht

Das würdelose Impfpflichtgeschacher der Ampelparteien und der Union ist heute in eine letzte Runde gegangen.

Klar ist, dass die AfD als einzige Bundestagsfraktion ihre Wahlversprechen eingelöst hat. Es soll keine Impfpflicht gegen Corona geben und die einrichtungsbezogene Impfpflicht zurückgenommen werden. Die Impfpflicht, auch ab 60 Jahren, ist völlig inakzeptabel, genauso der Impfmechanismus der Union, der nichts anderes ist als eine Impfpflicht auf Vorrat. „Ich fordere sie alle auf, zeigen Sie, dass Ihnen die Demokratie was wert ist, und stimmen sie gegen die Impfpflicht!“ meinte Martin Sichert heute am Ende seines Redebeitrags.

Am Ende wird es ein Triumph der Freiheit und die Impfpflicht scheitert. Was das Ergebnis bedeutet und wie die Reaktionen ausfallen können Sie hier nachlesen >>

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