Debatte der Woche: Die Reichsbürger-Heuchelei

Debatte der Woche: Aktuelle Stunde zum Thema "Reichsbürger"

Das Medienspektakel geht weiter: Nachdem vergangene Woche 3000 Polizisten im Einsatz waren, um 25 Festnahmen im sog. Reichsbürgermilieu durchzuführen, haben die Regierungsfraktionen der Ampel das Thema auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt. Unter der Überschrift „Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten“ soll die medial groß aufbereite Razzia Gegenstand einer Debatte werden, die wohl erwartbar in eine Richtung geht. Schon zu Beginn der Sitzungswoche des Bundestags in Berlin drängten Spitzenpolitiker verschiedener Fraktionen vor die Fernsehkameras, um die Razzia zu loben, die Gefahr eines angeblich bevorstehenden Putsches zu unterstreichen und zu versuchen, die AfD mit den Verwirrten in Verbindung zu bringen. Beispielsweise FDP-Fraktionschef Christian Dürr bezeichnete die Alternative als „Feinde der Demokratie“, Unionsfraktionschef Alexander Dobrindt forderte die bundesweite Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) brachte eine Verschärfung der Sicherheitskontrollen im Deutschen Bundestag ins Spiel, CDU-Politiker Roderich Kiesewetter bezeichnete die AfD als „Arm in die Reichsbürgerszene“. Darüber hinaus nutzte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Scheinwerferlicht für Eigenwerbung und die Überlegung zu neuen Gesetzesvorhaben, die augenscheinlich nicht nur gegen wirkliche Rechtsextremisten, sondern Regierungskritiker allgemein eingesetzt werden könnten.

In der heutigen Bundestagsdebatte in Berlin zeichnete sich schließlich ein erwartbares Muster ab. Die Regierungsfraktionen überzeichneten die Bedrohung von rechts und lenkten von den wirklich schwerwiegenden Problemen im Land gekonnt ab. Die Union unterstütze dies pflichtgemäß, ebenso die Linke. Die AfD ließ sich trotz der inszenierten Kritik von allen Seiten nicht in die Enge treiben und zeigte auf, dass die angeblichen Pläne der 25 Verwirrten natürlich ernst genommen werden müssen, es jedoch weitaus schwerwiegendere Probleme in Deutschland gibt als einen mutmaßlich bevorstehenden Putsch von ein paar Rentnern.

Unser Livebericht aus Berlin.

Sebastian Hartmann (SPD): AfD sind Verharmloser rechtsradikalen Terrors

Die Debatte eröffnet Sebastian Hartmann von der SPD. Dieser liefert den lautesten und polemischsten Beitrag der Debatte und giftet in Richtung der AfD. Diese sei „ein Teil des Problems“ und „Feinde der Demokratie“, schreit der 45-Jährige hochrot angelaufen wie die Farben seiner Partei. „Hass und Hetze trägt einen Namen, es ist die AfD“, so der Sozialdemokrat weiter. Bei der Razzia gegen die mutmaßlichen Reichsbürger sei der Abgrund von Gewaltbereitschaft zu sehen gewesen, glücklicherweise habe es keine Toten oder Verletzte gegeben. Dort sitzen die Verharmloser rechtsradikalen Terrors, schreit Hartmann zur AfD-Fraktion und verweist im Anschluss auf geplante Maßnahmen gegen sog. Verfassungsfeinde. Diese müssten schneller aus dem Dienst entfernt und der Verfassungsschutz ausgeweitet werden. Ebenso sei ein verschärftes Waffenrecht und das von Bundesinnenministerin vorgestellte Demokratiefördergesetz richtig. Es gibt keine Toleranz für Feinde der Demokratie, wird Hartmann zum Ende noch einmal laut und ruft die altbekannte, linke Formel: Wir sind mehr!

Peinlicher wird es heute wohl nicht mehr.

Peter Beuth (Bundesrat, Hessischer Innenminister, CDU): Umsturzpläne im gesamten Bundesgebiet

Der hessische Innenminister Peter Beuth legt nach und nutzt seinen Redebeitrag zum einen für ein Lob der Razzia, zum anderen für etwas Wahlkampf. Schließlich stehen in Hessen bald Landtagswahlen an. „Wir werden im Kampf für demokratischen Rechtsstaat nicht nachlassen“, erklärt der 55-Jährige und berichtet von angeblichen Umsturzplänen im gesamten Bundesgebiet. Ein Schlag gegen die Szene sei gelungen, da eine ernste Gefahr für die Demokratie von der Reichsbürgerszene ausgehe. Beuth selbst gibt zu, dass ein Umsturz, wie gegenteilig in einigen Presseberichten dargestellt, natürlich nicht geglückt wäre, jedoch auf dem Weg des Scheiterns Menschen ums Leben hätten kommen können. Die Razzia zeige, dass die Demokratie wehrhaft sei und die freiheitlich demokratische Grundordnung gut beschützt werde. Eine Verschärfung des Waffenrechts stimmt Beuth im Kern zu, kritisiert jedoch die Uneinigkeit darüber in der Ampelkoalition. Durch die Regierung sei eine schnelle Umsetzung des Vorhabens gefährdet. Ein bisschen Wahlkampf muss wohl auch sein.

Irene Mihalic (Bündnis 90/Grüne): Parlamentarischer Arm der Reichsbürger ist die AfD

Die Grünen-Fraktion steht der SPD in Sachen Hysterie und AfD-Bashing erwartbar in nichts nach. Irene Mihalic spricht vom größten Antiterroreinsatz der deutschen Geschichte und von einem Erfolg. Die Reichsbürger verfolgen eine staatsfeindliche Ideologie, so die 46-Jährige. Besonders bedrohlich sei hier die angebliche Anschlussfähigkeit in die Mitte der Gesellschaft. Zu lange sei die Bewegung verharmlost worden, an der Spitze von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Kurz danach holt Mihalic dann zum Schlag gegen die AfD aus. Diese sei „der parlamentarische Arm“ der Reichsbürger, beschäftige Mitarbeiter aus dem gewaltbereiten rechten Milieu und sei der „Brandbeschleuniger dieser demokratiefeindlichen Bewegung“.

Dr. Gottfried Curio (AfD): „Die AfD steht für den parlamentarischen Weg und die Bürger vertrauen ihr immer mehr. Umso besser für die Demokratie, umso besser für Deutschland!“

Die AfD-Fraktion schickt Dr. Gottfried Curio ans Rednerpult und zeigt direkt klare Kante: Es spreche für einen funktionierenden Sicherheitsapparat, wenn kriminelle Staatsfeinde verhaftet würden. Auch wenn von diesen keine größere Bedrohung und eher Spinnereien ausgingen als tatsächliche Gefahr. Ein Putsch stand nicht bevor, ebenso wenig eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung, analysiert Curio ruhig und ohne Hysterie die Faktenlage. Klar kritisiert der 62-Jährige das Medienaufkommen rund um die Razzia. Für bestellte Fernsehkameras und eine große „PR-Operation“ sei sogar in Kauf genommen werden, dass Kenntnis über die Razzia gegen die „Rentner-Kombo“ vor dem Zugriff an die Öffentlichkeit gelange. Weiter legt der AfD-Politiker die Fakten auf den Tisch: Es gebe 35.000 Linksextremisten, 28.000 Islamisten und nur neun vom Generalbundesanwalt eingeleitete Verfahren gegen rechts. Curio erinnert an die schreckliche Tat eines Eritreers in Illerkirchberg vergangene Woche und nennt beispielsweise die Energie- oder Migrationskrise, die die Bürger wirklich belasten würden und endlich angegangen müssen. Für Curio ist klar: Egal wie verzweifelt die Menschen seien, innerhalb des Parlamentarismus hätten die Bürger in seiner Partei eine Vertretung ihrer Interessen. „Die AfD steht für den parlamentarischen Weg und die Bürger vertrauen ihr immer mehr. Umso besser für die Demokratie, umso besser für Deutschland!“ endet der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion.

Marco Buschmann (Bundesjustizminister, FDP): Razzia bitte nicht ins Lächerliche ziehen

Bundesjustizminister Marco Buschmann beschreibt die Razzia als größten Antiterroreinsatz der vergangenen Jahre und warnt vor Verharmlosung, auch wenn es sich bei den Beschuldigten nur um Personen höheren Alters handelt. Wer den Einsatz ins Lächerliche zieht, hat nicht verstanden, wie ernst die Bedrohungslage war, so Buschmann. „Diese Demokratie ist wehrhaft“, führt der 45-Jährige aus und lobt die großartige logistische Arbeit der Sicherheitsbehörden. Wie in Erklärungsnot geht der Liberale in seiner Rede immer wieder auf die mutmaßlichen Versuche ein, die Razzia ins Lächerliche zu ziehen. Wer sich darüber lustig macht, sollte sich selbst ganz andere Fragen stellen, endet Buschmann.

Martina Renner (Linke): Extreme Rechte in bürgerlichen Kreisen

Martina Renner von der Linkspartei nutzt ihren Redebeitrag, um auf den angeblichen Rechtsextremismus bis tief in die Mitte der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Es herrschen zwei Fehlannahmen zur Razzia: Erstens sei die Reichsbürgerszene nicht diffus und bunt durchmischt, sondern rechts. Rassismus, antisemitische Verschwörungstheorien und die Sympathie für autoritäre Diktaturen seien weit verbreitet. Es sind bewaffnete Rechte, die eine Gefahr für die Demokratie sind, so Renner. Wenn das Phänomen nicht richtig begriffen werde, könne es nicht bekämpft werden. Als zweite Fehlannahme macht die 55-Jährige aus, dass die Gefahr für die Demokratie nicht von gesellschaftlichen Rändern komme, sondern aus bürgerlichen Kreisen. Diese Gefahr ist brandaktuell, erklärt Renner, die offensichtlich alle konservativen Kräfte für ein paar Spinner in Mithaftung nehmen will.

Nancy Faeser (SPD): Größte Gefahr für Demokratie kommt von rechts

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bildet dann den Abschluss des ersten Rededurchgangs. Wie schon in der Medienberichterstattung spart die 52-Jährige nicht an großen Worten. „Wir haben in den Abgrund geblickt“ so Faeser. Es sei jedoch gelungen, die terroristische Bedrohung abzuwehren und 25 Festnahmen durchzuführen. Faeser spricht von einem „hochgefährlichen und hoch erfolgreichen Einsatz“. Die Demokratie sei dabei erfolgreich verteidigt worden. Jedoch seien die Festgenommenen nur die Spitze des Eisbergs, es gebe noch mehr rechtsextreme Verbindungen, darunter Verschwörungstheoretiker und Querdenker. Die Reichsbürgerszene bezeichnet die SPD-Frau als hochgefährlich. Wer dies ins Lächerliche zieht, gefährdet das Land, so die Innen-Politikerin. Es brauche eine klare Haltung „aller Demokraten“ und es müsse Schluss mit Verharmlosungen sein. Reichsbürgern müsse entschlossen die Waffe entzogen und das Waffenrecht allgemein weiter verschärft werden. Darüber hinaus preist Faeser das geplante Demokratiefördergesetz an, um die Zivilgesellschaft zu stärken. Ebenso werde eine Verschärfung des Disziplinarrechts und eine härtere Ahndung von Volksverhetzungsdelikten geplant. Ob diese Verschärfungen tatsächlich nur gegen Extremisten, oder auch gegen Regierungskritiker angewendet werden, scheint unsicher. Klar ist für die Bundesinnenministerin: „Die größte Gefahr für die Demokratie kommt von rechts!“

Vorhersehbare Debatte: Alle gegen die AfD

Eine der vorhersehbarsten Debatte ging heute Nachmittag in Berlin über die Bühne. Die Fraktionen der Altparteien übertrumpften sich mit hysterischen Schreckensszenarien der angeblich übermächtigen Reichsbürgerbewegung und blendeten unter dem großen Schlagwort Rechtsextremismus alle anderen Probleme Deutschlands komplett aus. Der Verantwortliche für diese angeblich schlimmen Zustände war hierbei schnell ausgemacht: Die AfD. Diese wehrte sich jedoch nach Kräften, ließ die Vorwürfe der Altparteien nicht auf sich sitzen und verwies auf die vielen weiteren Probleme des Landes, die die weiteren Fraktionen im Schatten der Großrazzia unter den Teppich kehren wollen. Eins war heute ganz klar zu sehen: Die AfD ist nicht der Arm der Reichsbürgerbewegung und auch keine Gefahr für die Demokratie. Sondern die einzige Fraktion im Bundestag, die den Mut hat, unangenehme Wahrheiten auszusprechen und sich für die Bürger unseres Landes einzusetzen. Genau deshalb wird sie von den Etablierten mit allen Kräften bekämpft und mit Diffamierungen überschüttet.

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