Steinmeier: „Spaziergang hat Unschuld verloren“

Steinmeier: "Spaziergang hat Unschuld verloren"

Wie in den vergangenen Wochen sind auch gestern Abend zahlreiche Bürger in Deutschland spazieren gegangen, um ein Zeichen für Freiheit und Grundrechte in Corona-Zeiten zu setzen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte zuvor auf einer Veranstaltung in Berlin gesagt, dass „der Spaziergang“ seine Unschuld verloren habe. Zudem kritisierte Steinmeier Vergleiche von Montagsspaziergängern mit ostdeutschen Menschen kurz vor der Wende 1989.

Bundespräsident übt schwere Kritik an Teilen der „Spaziergänger“

Bundespräsident Steinmeier hat sich in die Debatte um Spaziergänge und Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen eingeschaltet. Dabei kritisierte der 66-Jährige Teile der Spaziergänger schwer:

„Wer sich gegen unser Recht stellt und sich mit selbst erklärten Staatsfeinden und verfassungsschutzbekannten Rechtsextremisten gemein macht, der kann sich nicht mehr glaubwürdig auf Demokratie und Freiheit berufen“,

so der Sozialdemokrat bei einer Gesprächsrunde im Schloss Bellevue in Berlin. Zwar brauche es die Meinungsfreiheit, so Steinmeier, doch verlaufe eine rote Linie dort, wo gewalttätige Vorkommnisse passieren würden. „Der Spaziergang“, so Steinmeier, „hat seine Unschuld verloren.“

Weniger kleinlich und moralinsauer gab sich Steinmeier als er Werbung für ein Konzert mit der linksradikalen Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ machte. Die Band war unter anderem durch Gewaltaufrufe gegen staatliche Institutionen bekannt geworden.

Lob für Akzeptanz staatlicher Grundrechtseinschränkungen

Lob erteilte Steinmeier den Bürgern, die die Impfkampagne unterstützen und sich an die erteilten Auflagen halten würden:

„Die Zahlen dazu sind eindeutig: An jedem einzelnen Tag lassen sich bundesweit zigfach mehr Bürgerinnen und Bürger impfen als die Zahl derer, die provozierend gegen Corona-Regeln verstoßen. Es gibt sie, die große Mehrheit der Vernünftigen, der Menschen, die Verantwortung für andere zeigen. Millionen halten sich an die Auflagen.“

Gehorsamkeit und blindes Vertrauen gegenüber Grundrechtseinschränkungen scheinen also mehr im Sinne des Bundespräsidenten zu sein.

Steinmeier: Kein Vergleich der Spaziergänger mit „mutigen Ostdeutschen von 1989“

Einen Vergleich der Corona-Spaziergänger mit den ostdeutschen Bürgern von 1989 lehnt Steinmeier vehement ab:

„Wie perfide, die Proteste von damals mit den heutigen gleichzusetzen.“

Heute würden Corona-Regeln und Auflagen beabsichtigt gebrochen, medizinische Einrichtungen attackiert, Häuser von Politikern belagert und Journalisten angefeindet: „Denn es geht nicht nur um die Missachtung von Versammlungsrecht oder Hygieneregeln. Es geht um die Missachtung des sozialen Friedens in unserem Land.“

Der Bundespräsident erklärte, dass er die „Gefahr“ für real und konkret halte und warnte vor einer Verharmlosung der Vorgänge: „Die Mehrheit muss politisch erkennbar werden. Sie darf sich nicht zurückziehen. Die Bürgerschaft darf nicht schweigen. Die stille Mitte muss sichtbarer, selbstbewusster und auch lauter werden!“

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