Bei Welt-TV liefern sich Alice Weidel und Sahra Wagenknecht einen Schlagabtausch auf hohem Niveau. Weidel kann beim Thema Migration stark punkten, Wagenknecht betreibt lieber Höcke-Bashing mit krassen Fake-News.
Ausnahmsweise nicht im Bundestag, sondern im Welt-Fernsehstudio in Berlin fand in dieser Woche die „Debatte der Woche“ statt. AfD-Chefin Alice Weidel und BSW-Frontfrau Sahra Wagenknecht trafen sich dort zum lange erwarteten TV-Duell unter der Leitung von Moderator Jan Philipp Burgard, der schon den Höcke-Schlagabtausch mit CDU-Mann Mario Voigt geleitet hatte. Teils stritten die beiden Politikerinnen, teils zeigten sie sich zumindest auf einer ähnlichen Linie. Zum Ende hin wurde jedoch immer deutlicher, wie nah Wagenknecht mittlerweile an die Altparteien herangerückt ist.
Steigbügelhalter: Ja was denn sonst?
Schon zu Beginn gab es einen kurzen Aufreger, als sich Sahra Wagenknecht sehr dünnhäutig darüber beschwerte, dass sie Alice Weidel zuvor als „Steigbügelhalterin“ für die Altparteien bezeichnet hatte. Aber wer kann es Weidel diese Vorwürfe verdenken, waren es doch die Parteikollegen von Wagenknecht, die sich nach den Landtagswahlen der SPD und der CDU geradezu devot an den Hals warfen. Den unrühmlichen Höhepunkt bildete dann die berühmt gewordene konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags, als BSW ganz offen mit CDU, SPD und Linker paktierte und der AfD einen Platz im Landtagspräsidium verwehrte. Der „Steigbügelhalter“-Vorwurf scheint daher eher schwer verdient als abwegig zu sein.
Außenpolitik: Auf Frieden bedacht
In den nachfolgenden Minuten ging es dann vorrangig um die Außen- sowie Wirtschafts- und Energiepolitik. Alice Weidel führte hier aus, dass Politiker wie Helmut Kohl, der einst die deutsche Wiedervereinigung mit dem sowjetischen Staatspräsidenten Gorbatschow verhandelte, niemals als Russland-Troll verunglimpft worden sei. Vielmehr lobte Weidel die kluge Diplomatie, für die man heute jedoch sofort als Russland-Versteher abgestempelt werde. Etwas kurios wurde es an einer Stelle des Gesprächs, als die AfD-Chefin an einen Sprechakt von Wagenknecht anknüpfend erläuterte, dass die aufgezählten Punkte „AfD-Positionen“ seien, „wie wir sie von Anfang an vortragen“. Die BSW-Politikerin antwortete daraufhin, dass sie das „ein bisschen billig“ finde. Was genau, bleibt wohl Wagenknechts Geheimnis. Im Bereich Wirtschaft wurden wiederum zwei grundsätzlich gegenüberstehende Positionen sichtbar. Weidel als Ökonomin zeigte sich freiheitlich gesinnt, die Philosophin Wagenknecht möchte hingegen noch mehr Staat und auch neue Schulden. Bei der später folgenden Frage an die Kontrahentinnen, wie weit rechts oder links sie die jeweilige Gesprächspartnerin auf einer Skala von 1-10 verorten würden, antwortet Wagenknecht plump mit einer „sechs“, während Weidel gekonnt ausführte, dass die Trennlinie nicht mehr unbedingt zwischen rechts und links, sondern frei und autoritär verlaufe.
Streitpunkt Migration: Wagenknecht mit klaren Fake-News über Höcke
Hitzig wurde es zum Ende, als die BSW-Frau der AfD vorwarf, nicht nur rigoros abschieben zu wollen, sondern Ressentiments gegen Migranten zu schüren. Dabei wiederholte Wagenknecht die schon lange als Fake-News bekannte These, Thüringens AfD-Chef Höcke spreche im Zusammenhang mit „millionenfacher Remigration“ von „20 bis 30 Millionen Menschen“. Das ist jedoch völlig falsch. Die von Wagenknecht ins Feld geführte Aussage tätigte Höcke auf einem Bürgerdialog 2023 in Gera schlicht im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel. Dass Wagenknecht diese falsche Deutung nun schon zum zweiten Mal (beim ersten Mal bei Hart aber fair in der ARD) ins Feld führt und offensichtlich auf ein Schockmoment bei den Zuschauern abzielt, deutet klar auf den gezielten Versuch hin, die Alternative in eine extreme und unwählbare Ecke zu stellen. Hier unterscheidet sich das BSW offensichtlich kaum noch vom Altparteienkartell.