Die 100 Milliarden Euro des groß angekündigten Bundeswehr-Sondervermögens werden nur zur Hälfte zum Kauf von neuer Ausrüstung für die Truppe verwendet. Das berichtet das renommierte ifo-Institut. Von der groß angekündigten Zeitenwende in der Verteidigungspolitik scheint schon nach wenigen Monaten nichts mehr übrig.
Das renommierte ifo-Institut schlägt Alarm: Nur etwa die Hälfte des Bundeswehrsondervermögens von 100 Milliarden Euro kann wie ursprünglich vorgesehen für den Kauf zusätzlicher Ausrüstung für die Armee verwendet werden. Allein ein Drittel der Gesamtsumme werde hingegen darauf verwendet, Einsparungen beim Verteidigungsetat im Kernhaushalt auszugleichen. Weitere acht Prozent würden für Zinsen aufgewendet, heißt es von den Münchener Forschern. „Der Einsatz des Sondervermögens verfehlt damit die formulierten Ziele“, erklärte ifo-Militärexperte Marcel Schlepper laut Medienberichten.
Zwei-Prozent-Ziel ist akut gefährdet
Das vorgegebene NATO-Ziel, welches vorsieht, dass jedes Land jährlich zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investiert, ist so akut gefährdet. „Um dauerhaft zwei Prozent der Wirtschaftsleistung auszugeben, müsste der Verteidigungsetat schon jetzt sichtbar steigen“, erläuterte der ifo-Forscher Florian Dorn. Von einer echten Zeitenwende, wie sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Frühjahr 2022 angekündigt hatte, ist Deutschland jedoch noch weit entfernt. Wie das ifo-Institut mitteilte, schrumpfe der Verteidigungsetat seit 2022 sogar. Im laufenden Jahr werde Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel damit um einen zweistelligen Milliardenbetrag verpassen, was eines der größten Defizite aller Mitgliedsstaaten bedeutet. Wie in vielen anderen Bereichen steht die Bundesrepublik also auch in dieser Statistik ganz hinten.
Militär ohne jede Planungssicherheit
Weiter berichtet das Institut, dass auch in den kommenden Jahren immer weniger Geld in neue Ausrüstung für die Soldaten fließen werden. Waren im Jahr 2022 noch zehn Milliarden Euro dafür vorgesehen, werden es 2024 nur noch drei Milliarden Euro sein. Eine Folge der Einsparungen beim Verteidigungsetat ist, dass die weiteren Ministerien mehr Möglichkeiten haben, Ausgaben zu verschieben: „Das Sondervermögen Bundeswehr ermöglicht durch Verschiebungen im Haushalt indirekt eine Umgehung der Schuldenbremse – auch für jene Ausgaben, die nicht Zweck des Sondervermögens sind“, erklärte ifo-Mann Dorn. Militärexperte Schlepper ergänzte, dass die aktuellen Haushaltspläne Zweifel säen, „ob Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel wirklich dauerhaft erfüllen will“. Die jährliche Lücke zu den geplanten zwei Prozent dürfte für die Jahre 2026 bis 2029 schon knapp 25 Milliarden Euro betragen. Zinsen kommen hier noch obendrauf. Planungssicherheit für die Streitkräfte sei so unmöglich gegeben, so das Institut.