Dreyer zur Flutkatastrophe: Kein Grund sich zu entschuldigen

Die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer sieht keinen Grund, sich für Versagen in der Flutkatastrophe zu entschuldigen

Malu Dreyer - Tagesthemen

Im Interview mit den Tagesthemen hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Hinblick auf die Flut in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vergangenen Jahres keine Notwendigkeit gesehen, sich zu entschuldigen. Das Ausmaß der Katastrophe, so die 61-Jährige, habe niemand voraussehen können.

Auch ein Jahr nach der schrecklichen Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen scheinen die politischen Entscheidungsträger noch immer nicht bereit, Fehler in ihrem Handeln eingestehen zu wollen. Ganz im Gegenteil verteidigte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Marie-Luise Dreyer im Tagesthemen-Interview das Katastrophenmanagement während der Flut, bei der insgesamt 190 Menschen ihr Leben ließen und ein Schaden in Milliardenhöhe blieb. Dreyer erklärte auf die Frage, wann sie sich entschuldigen werde, dass das Land Rheinland-Pfalz mit der Flut eine Zäsur erlebt habe. Schwere Hochwasser, so die SPD-Politikerin, seien in der Vergangenheit gut bewältigt worden, auch im Ahrtal. Eine Katastrophe dieses Ausmaßes sei nicht vorhersehbar gewesen. Dreyer sehe ihre Aufgabe nun darin, aufzuklären und Lehren zu ziehen. Als Moderatorin Aline Abboud dann darauf verweist, dass es Versagen auf allen Ebenen gegeben habe und Dreyer doch als Ministerpräsidentin eine Entschuldigung aussprechen könne, entgegnete die SPD-Politikerin, dass es sich um eine Naturkatastrophe gehandelt habe. Es müsse der Frage nachgegangen werden, warum der Katastrophenschutz, der kommunal angesiedelt sei, nicht funktioniert habe und was in der Zukunft getan werden könne.

Malu Dreyer: Keiner hatte Kenntnis über Ausmaß der Katastrophe

Moderatorin Abboud stellte im weiteren Gesprächsverlauf infrage, ob das Ausmaß der Katastrophe wirklich nicht absehbar gewesen sei, wie Dreyer zuvor behauptet hatte. Dabei verwies die 34-Jährige auf einen SMS-Verlauf mit dem rheinland-pfälzischen Innenminister Lewentz (SPD), bei dem die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin schlicht gefragt habe, um die Umweltministerin informiert sei. Mehr sei nicht passiert, so Abboud. Dreyer betonte daraufhin, dass keiner der politischen Entscheidungsträger Kenntnis über das Ausmaß der Katastrophe hatte und es in vielen Bereichen vor Ort „sehr gut geklappt“ hätte. Die ARD-Moderatorin wollte sich damit nicht zufriedengeben und fragte nach einem möglichen Krisenstab, der in der Flutnacht hätte einberufen werden können. Dreyer verteidigte sich, dass dieser einberufen worden sei, als das Ausmaß der Katastrophe ersichtlich wurde. Die 61-Jährige betonte wiederum, dass das Ausmaß der Katastrophe nicht ermessbar gewesen sei. Man wolle in der Zukunft aus der Katastrophe lernen.

Selbst Rundfunk sind Ausflüchte Dreyers nicht genug

Selbst dem sonst recht regierungsnahen öffentlich-rechtlichen Rundfunk schien die schwache Erklärung Dreyers zur Flutkatastrophe nicht genug. In einem Kommentar erklärte Journalistin Birgitta Weber, dass sich im derzeit laufenden Untersuchungsausschuss in Rheinland-Pfalz ein Bild „schlechter Kommunikation, Versäumnissen und Versagen“ zeige. Zu keiner Zeit habe es eine professionelle Vernetzung oder die Bildung eines Krisenstabes gegeben. Im Ausschuss sei stets nur auf die Kommunen verwiesen worden, dabei hätte ein Landeskrisenstab vor Ort unterstützen können. Es gebe auch ein Jahr später keine Reformen, was ein ernüchterndes Fazit auch für die Hinterbliebenen der Opfer sei.

AfD kritisiert Ampelregierung: Kein Schutz und hohe Hürden bei Auszahlungen

Die AfD in Rheinland-Pfalz hatte schon am Mittwochnachmittag deutliche Kritik am Handeln der Landesregierung in der Flutnacht sowie beim Wiederaufbau geäußert. „Ein Jahr nach der Flutkatastrophe ist nur ein Bruchteil der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel an die betroffenen Privathaushalte, Unternehmen und Kommunen ausgeschüttet worden“, kritisierte der AfD-Landesvorsitzende Jan Bollinger. Viele der Betroffenen könnten die hohen bürokratischen Hürden nicht überwinden und hätten daher noch keinen Hilfsantrag gestellt. Es brauche bessere Beratungsangebote und einfachere Antragsverfahren, zudem müsse finanziell in Schutzvorrichtungen und Warnmittel investiert werden, forderte der 45-Jährige. Eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion hatte aufgedeckt, dass bis Ende Mai 2022 nicht einmal ein Prozent des Fluthilfefonds in Rheinland-Pfalz ausbezahlt wurde.

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