Ahrtal: Besuch bei Vergessenen

Sebastian Münzenmaier besucht das Ahrtal ein Jahr nach der Flutkatastrophe

Sebastian Münzenmaier besucht das Ahrtal

Zerstörte Häuser, aufgerissene Straßen, zersplitterte Fensterscheiben: Der Besuch des Ahrtals mutet zeitweise wie die Erkundung eines Kriegsgebiets an. Sebastian Münzenmaier (AfD) hat die von den Fluten zerstörten Gebiete elf Monate nach der Katastrophe besucht und Vertreter aus der Hotellerie und Gastronomie getroffen. Dabei war zu spüren: Viele Menschen fühlen sich im Stich gelassen. Und Politiker lassen sich abseits des großen Scheinwerferlichts nicht mehr blicken. Eine Geschichte über mutige und dankbare Bürger, die nicht aufgeben, aber von der Politik alleingelassen werden.

Ab und an ist ein wenig Frust in den Stimmen der Bürger des Ahrtals zu vernehmen. In den kahlen Räumen, die bis vor wenigen Monaten Hotels und Restaurants zum Wohlfühlen für Touristen und Einheimische gewesen waren, gibt es diese kurzen Momente, in denen zu spüren ist, wie schwer die vergangenen Monate für die Menschen vor Ort gewesen sein müssen. Noch ist lange nicht alles fertig, viele hundert Stunden Arbeit liegen vor den Anwohnern und Unternehmer vor Ort. „Muss halt irgendwie weitergehen“, so ein Gastronom bei der Verabschiedung vom Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier, der an diesem Tag auf Einladung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Vertreter der Branche vor Ort besucht. Doch trotz dieses Durchhaltevermögens fühlen sich viele Bürger vergessen. Nach der Bundestagswahl und dem Ausbruch des Ukraine-Krieges liegt der Schwerpunkt der Medienberichterstattung nicht mehr auf dem Ahrtal. Und das spüren allen voran die Gastronomen und Hoteliers schmerzlich.

Asphaltlöcher wie nach Meteor-Einschlägen

Trotzdem ist an diesem Tag viel von Dankbarkeit die Rede. „Es ist nicht in Worte zu fassen, was die vielen freiwilligen Helfer geleistet haben“, fasst ein Hotelier exemplarisch zusammen. Diese Hilfsbereitschaft, so zeigen auch Wandmalereiern an vielen verschiedenen Ecken, hatte hier wohl keiner in diesem Umfang erwartet. „Wir machen weiter!“ leuchtet in roten Farben von einer Häuserwand entgegen. Beim Rundgang mit Sebastian Münzenmaier durch Bad Neuenahr-Ahrweiler wird jedoch auch klar: Vieles ist noch nicht wieder in Ordnung gebracht nach der Katastrophenflut im vergangenen Sommer. Schutt liegt überall herum, die Gehwege und Straßen sind nicht in Ordnung, Geschäfte, Hotels und Restaurants sind verwaist.

Zerstörte Straßen im Ahrtal
Verwaiste Geschäfte ein Jahr nach der Flut

Manchmal schützen Holzbretter die Läden, wohl weil die Scheiben den tobenden Fluten nicht standhalten konnten. Teilweise sind noch alte Glasscheiben zu erkennen, über die sich der Schlamm zieht und die an einigen Stellen Einbruchstellen haben. Oftmals zeichnen sich auf circa vier Meter Höhe leichte Wasserlinien an den Häuserwänden ab. So hoch tobte das Wasser während der verhängnisvollen Flut. Vor dem Steigenberger-Hotel an der mittlerweile zerstörten Kurgartenbrücke tun sich Löcher im Asphalt auf, als habe ein Meteor aus einem Science-Fiction Film eingeschlagen. Ob das große, luxuriöse Hotel am Kurgarten überhaupt noch einmal aufmacht? Ungewiss. Ein Passant erzählt, er habe gehört, dass die Schäden einfach zu groß seien. Eine Wiedereröffnung lohne sich wohl kaum.

Viele kleine Betriebe betroffen: Tourismusstandort ist bedroht

Bei den vielen kleinen Betrieben sieht es nicht viel besser aus. „Eigentlich wollte ich in diesem Jahr wieder zum 15. Juli eröffnen“, erklärt ein Hotelier. Beim Betreten seines Drei-Sterne-Hauses wird klar: In einem Monat wird das nichts. Noch ist hier an einen regelmäßigen Hotelbetrieb nicht zu denken. Ebenso wenig in einem weiteren Hotel mit angeschlossenem Restaurant wenige hundert Meter weiter. Über den Tag wird deutlich, dass der Tourismusstandort in Bad Neuenahr-Ahrweiler massiv bedroht ist. „Wir müssen möglichst vielen Preisklassen, gastronomischen Angeboten und Freizeitaktivitäten gerecht werden“, erklärt ein Hotelier. Eine Vielfalt an Betrieben macht den Tourismusstandort attraktiv und lockt Besucher an. Stirbt ein Betrieb, stirbt auch ein Stück Anziehungskraft.

Wird nicht bald wieder die Infrastruktur hergestellt, die Wiedereröffnung der Restaurants und Hotels zielgerichtet unterstützt und Besuchern so ein attraktives Angebot gemacht, können viele Betriebe für immer dicht oder nie wieder auf machen.

Behörden-Ping-Pong: Niemand ist verantwortlich

Was an diesem Tage häufiger zu hören ist: Die Verantwortung für die Bürger vor Ort wird munter zwischen verschiedenen Behörden und der Politik hin- und hergeschoben: „Beim Gang aufs Amt wurde ich auf ein anderes geschickt. Dort fühlt man sich dann auch nicht zuständig. Was soll sowas?“ Der Wunsch nach einem Flutbeauftragten, gleich ob über Land oder Bund organisiert, wird heute zweimal an den AfD-Abgeordneten herangetragen. Eine unkomplizierte Verteilung von Geldern, die schnelle Organisation von Hilfsgütern und eine zentral gesteuerte Dienstleistungsoffensive würde die Aufbauarbeiten beschleunigen und den Standort wieder attraktiv für Touristen machen. Doch, so scheint es, sind die Bürger allen voran auf sich allein gestellt.

Sebastian Münzenmaier spricht mit Betroffenen der Flutkatastrophe

Corona im Kopf, Kiew vor Augen: Die Politik hat das Ahrtal vergessen

Denn auch politische Vertreter lassen sich nach den medienwirksamen Auftritten im Juli vergangenen Jahres nicht mehr im Ahrtal blicken. Sebastian Münzenmaier, so wird erzählt, sei der einzige Abgeordnete des Tourismusausschuss des Deutschen Bundestags, der überhaupt auf die Einladung des Hotel- und Gaststättenverbandes reagiert habe. Jetzt, wo das Scheinwerferlicht nicht mehr auf das Ahrtal scheint, gibt es kein großes Interesse mehr. Natürlich gebe es auch andere wichtige Krisen, die zu meistern wären, so die Menschen von vor Ort. Doch der Wunsch nach mehr Präsens der Politik wird nahezu überall spürbar. Die politischen Entscheidungsträger sollen das Ausmaß der Katastrophe mit eigenen Augen sehen.

Auch ohne Scheinwerferlicht: Das Ahrtal braucht Hilfe

Nach knapp vier Stunden endet der Rundgang mit dem AfD-Politiker mit einer Autofahrt flussaufwärts, wo noch einmal das Ausmaß der Zerstörung der Flut sichtbar wird. Massive Brücken sind wie Bauklötze umgerissen, von den Häusern bröckelt die Fassade, der Schutt stapelt sich am Straßenrand. Diese Eindrücke, so Münzenmaier, wird er mit nach Berlin nehmen und den anderen Abgeordneten im Bundestag vor Augen führen. Hilfe ist hier dringend geboten.

Was vom Tag im Ahrtal bleibt, ist die Erinnerung an Menschen, die viel verloren haben und trotzdem nicht aufgeben. Die mehr Hilfe sicher verdient hätten, sie aber nicht bekommen. Und die Spaß an ihrer Gastgebertätigkeit haben und diese sobald wie möglich wieder ausführen wollen. Dass sie das bald wieder können, ist auch Aufgabe der Politik, die den Blick von der großen Welt wieder mehr ins eigene Land und auf die eigenen Bürger richten sollte. Den Menschen im Ahrtal ist das zu wünschen. Auch ohne großes Scheinwerferlicht.

Sebastian Münzenmaier im Video zur aktuellen Situation im Ahrtal:

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die mobile Version verlassen