TV-Bericht: Merkels Rückblick ohne Reue

Merkel gab seit langer Zeit in Interview und tritt unbelehrbar auf

Angela Merkel Interview

Sie ist wieder da. Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich zum ersten Mal nach Ende ihrer Amtszeit wieder auf die große Bühne gewagt. Im Gespräch mit Schriftsteller und Spiegel-Autor Alexander Osang gab die 67-Jährige keine Fehler während ihrer Amtszeit zu und wollte sich auch nicht entschuldigen. Ihre Fans im Berliner Ensemble, darunter viele Hauptstadtjournalisten, huldigten der Bundesmutti während der Veranstaltung brav. Ein Wohlfühltermin für die ehemalige Regierungschefin mit keinerlei Reue.

„Heute geht es mir persönlich sehr gut“, so Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem ersten Presseauftritt nach dem Ausscheiden aus dem Kanzleramt. Autor Alexander Osang befragte die heute 67-Jährige im Berliner Ensemble vor einem ihr wohlgesonnen Publikum. In typischer Merkel-Manier sollte die ehemalige Bundeskanzlerin die Fragen des Journalisten beantworten, ohne viel Inhaltliches zu sagen. Fehler zugeben wollte Merkel sowieso nicht.

Merkel patzig: Kein Rücktritt, sondern nur nicht angetreten

Nach einigen persönlichen Bekenntnissen zu einer fünfwöchigen Auszeit an der Ostsee, dem Entdecken von Hörbüchern und der Zeit in ihrem Wahlkreis leitete Merkel selbst auf den derzeit alles überschattenden Ukraine-Konflikt über. Nach einigen Erzählungen zu Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin fantasiert Autor Osang, dass der ehemalige US-Präsident Barack Obama Merkel 2013 aufgrund der Fülle von Populisten und Autokraten auf der Welt zu einer weiteren Amtszeit überredet habe. „Gibt es denn einen richtigen Zeitpunkt, um zurückzutreten?“, fragt der 60-Jährige. „Ich habe volles Vertrauen in die jetzige politische Führung“, erklärt Merkel. Nach 16 Jahren Regierungszeit habe sie gespürt, dass innenpolitisch eine Veränderung hermusste. Als Moderator Osang erklärt, Merkel sei „zurückgetreten“, korrigiert sie den Journalisten patzig: Sie sei nur „nicht wieder angetreten“. Nach 16 Jahren habe sie kein „Unterkontingent“.

Merkel: Habe mir nichts vorzuwerfen

Fehler sieht Merkel nach ihren sechzehn Jahren Regierungszeit kaum: „Ich bin im Rückblick, wenn ich alles summiere, eigentlich froh, dass ich mir nicht vorwerfen muss, ich hab´s zu wenig versucht, ein solches Ereignis, wie es jetzt stattgefunden hat, zu verhindern.“ Einzig entschuldigen wolle sie sich für die sogenannte Corona-Osterruhe, das habe die Kanzlerin a. D. aber schon während ihrer Amtszeit getan. Sonst für nichts.  Sie habe schon immer gesagt, dass Putin Europa und die europäische Union zerstören wolle, da „er sie als Vorstufe zur Nato sieht“. Ihretwegen hätten die Krim-Sanktionen sogar deutlich schärfer ausfallen können.

Zustand der Bundeswehr: „Afghanistan-Soldaten noch recht gut ausgerüstet“

Als das Gespräch auf den schlechten Zustand der Bundeswehr zielt, der aufgrund des Ukraine-Krieges eindeutig offengelegt wurde, weist die Kanzlerin jede Verantwortung von sich. Von 2015 bis 2021 habe sie dem Koalitionspartner SPD nahebringen wollen, dass es bewaffnete Drohnen für die Bundewehr brauche. „Es ist auch nicht an mir gescheitert, dass bestimmte andere Dinge nicht stattfinden konnten.“ Darüber hinaus habe sie den Bundeswehretat von 32 Milliarden auf 50 Milliarden erhöht, die Truppe sei unter ihr nicht „verlottert“. „Wir sind an vielen Stellen nicht ausreichend ausgerüstet und die Truppe hat an einigen Stellen Nachholbedarf“, gibt Merkel zwar zu. Aber seien die Afghanistan-Soldaten „noch recht gut ausgerüstet“ gewesen. Die Abschaffung der Wehrpflicht verteidigt Merkel: „Da stehe ich heute noch dazu!“

Merkels Wohlfühltermin: Migration, Schulden, innere Sicherheit spielen keine Rolle

Mehrere Minuten dauert der Applaus im Berliner Ensemble für die Kanzlerin a. D., deren Denkmal in den vergangenen Tagen etwas gelitten hat. Leider kam Moderator Osang nicht auf die Migrationskrise, den Verlust innerer Sicherheit und die völlig verkorkste Energiewende zu sprechen, die die massive Teuerungswelle maßgeblich mitzuverantworten hat. So bleibt vom Merkelschen Sommerabend in Berlin hauptsächlich eine Erkenntnis: Reue verspürt die Ex-Kanzlerin nicht. In ihren Augen hat sie kaum Fehler gehabt, so sieht es auch das Berliner Operettenpublikum. Viele Deutsche haben aber eine andere Meinung.

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