Obwohl die Corona-Pandemie noch immer nicht abmoderiert wurde und ein erneuter Winter voller Einschränkungen droht, existieren bereits globale Pläne, wie mit zukünftigen Gesundheitskrisen umgegangen werden soll. Zeitnah wird es Medienberichten zufolge zu ersten Beschlüssen im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommen, die bis Jahresende einen weltweiten „Pandemievertrag“ unterzeichnet sehen möchte. Droht jetzt der völlige Verlust staatlicher Souveränität in Gesundheitsfragen?
Gesundheitsminister Lauterbach treibt „Pakt gegen die nächste Pandemie“ voran
Es kommt wenig überraschend daher, dass besonders der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das Vorhaben massiv vorantreibt. Schon im März sprach der 59-Jährige davon, dass sich die Bürger auf einen dauerhaften „Ausnahmezustand“ einzustellen hätten. Ende April ergänzte der SPD-Politiker im Gesundheitsausschuss des Bundestags noch, dass er sich zusammen mit 30 Wissenschaftlern mit dem „Pakt gegen die nächste Pandemie“ beschäftige. Diesen bezeichnete Lauterbach ferner als „wichtigste[s] Projekt“ seines Ministeriums, das er selbst leite. Dabei soll es sich um ein „weltumspannendes System“ handeln, das dafür sorge, dass „Spezialisten“ leichter auf Informationen zu Krankheitserregern zugreifen könnten, sodass „schneller neue Impfstoffe entwickelt und beschafft werden“ könnten.
Deshalb verwundert es nicht, dass der genannte Pakt einen bedeutenden Tagesordnungspunkt auf der Agenda des kürzlich abgehaltenen und von Deutschland ausgerichteten G7-Gesundheitsgipfels in Berlin ausmachte. Einen ersten Vorgeschmack auf eine mögliche neue globale Gesundheitsordnung lieferte der Bundesgesundheitsminister, als er von einer Übung zu einem Pockenausbruch redete, der durch einen Leopardenbiss ausgelöst werden sollte.
Nimmt der „Pandemievertrag“ den WHO-Mitgliedstaaten die staatliche Souveränität in Gesundheitsfragen?
Konkrete Strategien gegen künftige Pandemien wurden jedoch noch nicht veröffentlicht. Bekannt sind hingegen einige Initiativen, wie eine neue weltweite Gesundheitsarchitektur unter dem Schirm der WHO errichtet werden soll. Dazu zählt beispielsweise der sogenannte „Pandemievertrag“, über den bis zum Jahresende durch die Mitgliedstaaten abgestimmt werden soll. Dieser würde die Bedeutung der WHO bei einer etwaigen Pandemieeindämmung deutlich stärken. Was nach einer Verschwörung klingt, könnte bald dazu führen, dass nicht mehr nationale Parlamente, sondern ein globaler Akteur über Lockdowns in den Mitgliedstaaten entscheidet. Der WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte in dem Kontext schon am 12. April, dass Corona einen „Flickenteppich verschiedener Antworten“ der Staaten entwickelt, und damit „ernstzunehmende Lücken in der globalen Architektur der Gesundheitssicherheit [global health security architecture] offenbart“ habe, die man nun schließen möchte.
Doch die genaue Umsetzung ist noch weitgehend ungewiss. Sicher ist hingegen, dass in der nächsten Woche bereits darüber eine Entscheidung gefällt werden soll, ob die WHO mittels einer Abänderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) mit weiteren Befugnissen ausgestattet werden soll. Dies haben die USA für die jährlich stattfindende Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation beantragt. Die Mitgliedstaaten wären dann dazu verpflichtet, effektiver und koordinierter Daten zu potenziellen Krankheitsausbrüchen an die Institution zu übermitteln.
Völkerrechtler von Bogdandy gibt Entwarnung
Ein erster Schritt hin zu einer Strategie, bei der die WHO von oben herab Eindämmungsstrategien vorschreiben und abweichende Regierungen „zur Räson“ bringen könnte? Armin von Bogdandy, ein Völkerrechtler aus Heidelberg, weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei den WHO-Beschlüssen um bindendes Recht handeln würde, doch gibt gleichzeitig Entwarnung: „Die Mitgliedstaaten haben aber eine Opt-out-Option, sodass keinem Land gegen seinen Willen etwas aufgezwungen werden kann.“
Deutschland würde „Pandemievertrag“ mutmaßlich zustimmen: Erleben wir eine Weltnotstandspolitik?
Doch zwei kritische Gedanken bleiben: Da die Pläne der WHO bisher zum einen nicht eindeutig auf dem Tisch liegen und in der Öffentlichkeit sowie im Deutschen Bundestag nicht diskutiert wurden, sind viele Fragen hinsichtlich eines Verlusts staatlicher Souveränität noch immer ungeklärt. Und zweitens: Weil Gesundheitsminister Lauterbach ein glühender Befürworter der Ermächtigung der WHO zu sein scheint, wird Deutschland vermutlich dem Souveränitätsverzicht eher zustimmen als andere Mitgliedstaaten.
Letztere Vermutung kann auch deshalb angestellt werden, weil Deutschland sich bereits zu den thematisierten Veränderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften bekannt hat. Die EU-Kommission wird die Abstimmung für alle Mitgliedstaaten übernehmen und zustimmen. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass die Bundesregierung dies unterstütze.
Abschließend sei erwähnt, dass eine wie auch immer geartete Ermächtigung der WHO einen Angriff auf die nationale Souveränität darstellen würde, den – das muss dazu gesagt werden – die Mitgliedstaaten mit der Zustimmung zu dem „Pandemievertrag“ selbst unterstützen und besiegeln würden. Ungewiss bleiben die Konsequenzen einer solchen Entscheidung. Fraglich ist etwa, ob Länder wie Schweden dann noch die Möglichkeit besäßen, bei der globalen „Lockdown-Politik“ auszuscheren oder ob eine Weltnotstandspolitik voller Kontrolle und Bevormundung tatsächlich etabliert würde.
AfD will Deutschlands Souveränität in der Gesundheitspolitik
Die Alternative für Deutschland lehnt die Pläne des Bundesgesundheitsministers strikt ab und drängt darauf, dass Deutschland gesundheitspolitisch souverän bleiben müsse. Bundessprecher und Bundestagsfraktionschef Tino Chrupalla erklärte in einem öffentlichen Statement, dass sich seine Partei weiterhin dagegen wehre, dass „Deutschlands Gesundheitspolitik von Lobbyisten beeinflusst oder bestimmt wird.“ Falls die Gesundheitspolitik in allen Ländern angeglichen werde, könne der beste politische Weg nicht mehr herausgefunden werden. „Wir werden uns im Bundestag und gemeinsam mit den Bürgern auf der Straße für Freiheit und Souveränität einsetzen“, so Chrupalla.