Fehlende Rohstoffe, rasch ansteigende Preise: Wie übereinstimmende Medienberichte darstellen droht der Wohnungsbau Experten zufolge deutlich einzubrechen. Anstatt politische Maßnahmen gegen die Inflation und die Preissteigerungen zu ergreifen, wirkt die deutsche Bundesregierung zunehmend überfordert – was beispielsweise im Kontext der KfW-Förderung einmal mehr deutlich wird.
Enorme Preissteigerungen werden beim Wohnungsbau deutlich spürbar
Die Preise beim Wohnungsbau steigen und das nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dies wird etwa bei Baustoffen wie Beton, Stahl und Holz erkennbar, deren Preis im Jahr 2021 so stark anwuchs, wie noch nie seit dem Start der Preiserhebungen 1949. Folgenreich für den Bausektor waren und sind laut den Angaben des Statistischen Bundesamts darüber hinaus die hohen Energiepreise.
Auch der Anstieg bei den Erdölpreisen verteuerte bereits 2021 Baustoffe wie etwa Bitumen, die für Dachabdichtungen zum Einsatz kommen. Bei Farben und Lacken musste eine Verteuerung von knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr festgestellt werden. Durch den Anstieg der Spritpreise steigen des Weiteren die Transportkosten an. All diese Umstände führen dazu, dass der Hausbau für Bauherren teurer wird.
Lange wurden die Preissteigerungen beanstandet, nun werden augenscheinlich die Folgen spürbar: Bis zum Jahr 2023 könnte der Wohnungsbau in Deutschland einbrechen.
Verband der bayerischen Wohnungswirtschaft: „Da wird es Einbrüche geben, und zwar ganz deutliche.“
Hans Maier, Direktor des Verbands der bayerischen Wohnungswirtschaft (VDW), warnt in dem Zusammenhang in aller Deutlichkeit: „Da wird es Einbrüche geben, und zwar ganz deutliche.“ Ein Sprecher des Landesverbands der bayerischen Bauinnungen in München kritisiert ferner: „Wir haben eine Riesen-Auftragswelle, und gleichzeitig fehlen die Rohstoffe. Wir haben alle acht Wochen massivste Preissteigerungen.“
Wie aus der Wohnungs- und Baubranche zu vernehmen ist, würden der schnelle Preisanstieg und der Materialmangel dafür sorgen, dass die Kosten neuer Bauvorhaben nicht kalkulierbar seien. Dies betreffe die auftraggebenden Wohnungsunternehmen, aber auch eine Vielzahl an ausführenden Baufirmen und Handwerkern.
„86 Prozent der Wohnungsgenossenschaften und der sozial orientierten Wohnungsgesellschaften in Norddeutschland schätzen die Aussichten für den Neubau derzeit als schlecht beziehungsweise als sehr schlecht ein“, gibt ein Sprecher des Verbands der Vermieter in Hamburg zu bedenken.
Hamburger Verband spricht von „Mission Impossible“
Wie aussichtslos die Situation tatsächlich ist, verdeutlicht ein Auszug aus einer Pressemitteilung des Hamburger Verbands: „Alle Beteiligten am Bau bezahlbarer Wohnungen – die Baustoffindustrie, die Bauunternehmen, Handwerker, Architekten und die sozialen Vermieter – stehen derzeit vor der Aufgabe, angesichts der exorbitanten Preissteigerungen bezahlbaren Wohnraum zu errichten.“ Dies sei eine „Mission Impossible“.
Da Bauherren und –firmen für gewöhnlich in ihren vertraglichen Vereinbarungen vor Baustart Festpreise festlegen, drohen den Bauunternehmen Verluste trotz vollem Arbeitspensum, wenn die Materialkosten in der aktuellen Art und Weise steigen.
In einer aktuellen Umfrage des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie wird diesbezüglich herausgestellt, dass 91 Prozent der Unternehmen mit Preissteigerungen und 78 Prozent mit Lieferengpässen zu kämpfen haben. Dabei – so zeigen die Resultate weiter – wird lediglich durch 27 Prozent der Umfrageteilnehmer Baumaterial aus der Ukraine oder aus Russland bezogen. Letztere Erkenntnis deutet eindeutig darauf hin, dass ein Großteil der Verantwortung für die Verschärfung der Situation bei der Bundesregierung zu suchen ist, die in dieser Hinsicht noch immer weitestgehend untätig geblieben ist.
KfW-Förderchaos der Bundesregierung verschlimmert die Lage zusätzlich
Hinzu kommt, dass die Bundesregierung durch die chaotische energetische Neubauförderung die dramatische Lage selbst noch anheizt. In dem Zusammenhang hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon im vergangenen Januar die Annahme entsprechender Anträge auf Eis gelegt, da die Fördermittel nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen.
Am letzten Mittwoch wurde dann ein erneuter Versuch unternommen, dass potenzielle Häuslebauer die KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen beantragen konnten. Doch auch dieser Plan geriet einmal mehr zum Fiasko: Schon etwa drei Stunden nach Beginn des neuen KfW-Förderprogramms war es schon wieder beendet, da der Geldtopf, der zuvor eine Milliarde Euro beinhaltete, erneut vollkommen ausgeschöpft war.
Wahrscheinlich ist, dass eine Vielzahl an möglichen Häuslebauern keine Neubauförderung für das Effizienzhaus (EH) 40 beantragen konnte und leer ausging. Das Wirtschaftsministerium von Habeck zeigte sich überrascht, dass die Fördermittel derart schnell aufgebraucht waren. Die Überforderung dürfte dem Wirtschafts- und Klimaminister ins Gesicht geschrieben stehen.
Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen: „Debakel mit Ansage“
Kritik kam von dem Präsidenten des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, der verlautbarte, dass es völlig klar gewesen sei, dass die geplante eine Milliarde Euro aufgrund des gigantischen Bedarfs keinesfalls ausreichen würde. Und weiter: Die Bundesregierung habe schleunigst dafür zu sorgen, dass eine verlässliche und dauerhafte Förderung für bezahlbaren, klimaschonenden Wohnungsbau in die Wege geleitet werde.
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen fand in dem Zusammenhang noch drastischere Worte und sprach gar von einem „Debakel mit Ansage“.
Die genannte und gestoppte EH40-Förderung war allerdings erst die erste Stufe eines neuen Konzepts des Ministeriums von Habeck. Die zweite Stufe, die am Donnerstag begann, verkompliziert allerdings den Zugang zum Förderprogramm „EH/EG 40 NH“ deutlich. Fördergeld kann nur bei Einhaltung der Voraussetzungen für das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) beantragt werden.
Diese zusätzlich geschaffene Bürokratie wird kommende Häuslebauer zusätzlich be- statt entlasten. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Oliver Wittke, beanstandete diesbezüglich: „Da sich viele Parameter wie Energie- und Materialpreise, Verfügbarkeit von Baustoffen, allgemeine Preisentwicklungen und anderes aufgrund der Folgen des Ukrainekrieges und der Corona-Pandemie zum Negativen entwickeln, ist es zwingend notwendig, dass von der Politik Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Investitionen in den Wohnungsbau stimulieren und überhaupt erst möglich machen.“ Eine Aufgabe, der die Bundesregierung nicht gewachsen zu sein scheint.