TV-Kritik: Karl Lauterbach im ARD-Porträt

Rezension zur ARD-Sendung "Konfrontation" mit Karl Lauterbach

Karl Lauterbach im ARD-Porträt

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), so scheint es, nimmt die Welt mit ganz anderen Augen als der Großteil der Bevölkerung wahr. Dieser Eindruck verfestigt sich nach dem Ansehen einer Dokumentation in der ARD, in der der Journalist Markus Feldenkirchen aufzeigt, wie er den SPD-Politiker über einen längeren Zeitraum begleitet hat. Von absurden Aussagen bis zu erstaunlichen Ansichten offenbart Lauterbach dabei einiges. Wir haben den ARD-Beitrag für Sie angesehen und stellen diesen im Folgenden anschaulich dar.

Zu Beginn der Dokumentation hält Feldenkirchen etwas fest, das wohl viele Deutsche seit langem denken: Lauterbach polarisiere „wie sonst niemand in der deutschen Politik“. Doch der deutsche Gesundheitsminister zeigt sich in dem TV-Beitrag „Konfrontation“ auch von anderen Seiten. Er verkörpert Arroganz und irrationale Positionen, ist wohl in hohem Maße von seiner Politik überzeugt. Wer die Dokumentation vollständig angeschaut hat, dürfte zu dem Urteil gelangen, dass der 59-Jährige für das Amt des Gesundheitsministers nicht geeignet ist.

ARD-Doku wirft tendenziell positives Licht auf Lauterbach

Auffällig ist, dass Feldenkirchen Lauterbach tendenziell eher in einem positiven Licht zeigt. Dort sieht man ihn beim Tischtennisspielen mit dem Schriftsteller Günter Wallraff, auf einem Foto mit ukrainischen Flüchtlingen oder beim angeregten, engagierten Arbeiten mit seinen Mitarbeitern. All dies wirkt menschlich, ausgeglichen und sympathisch. Keine Spur von einer Politik des Drangsalierens, die insbesondere Menschen, die sich gegen eine Covid-Impfung entschieden haben, in den letzten Monaten seiner Amtszeit erleiden mussten. Immer wieder wird im Film der Einfluss Lauterbachs auf das deutsche Gesundheitswesen hervorgehoben. Beurteilen Sie selbst: Für wie relevant und einflussreich haben Sie den SPD-Politiker bis zur Übernahme des Postens des Gesundheitsministers 2021 gehalten?

Das Thema Corona nimmt – wie könnte es in einer Doku über einen Minister, der als „Gesundheitsexperte“ noch als einfacher Bundestagsabgeordneter Corona-Talkshow-Dauergast war, anders sein – eine wesentliche Rolle in dem knapp einstündigen Film ein. Dem Zuseher wird relativ schnell klar: Lauterbach wird seine Meinung zu dieser Thematik wohl nicht mehr ändern bzw. an die aktuellen Gegebenheiten anpassen.

Starrsinnigkeit und Verbissenheit prägen Auftritt des Gesundheitsministers

Auch in Feldenkirchens Dokumentation zeigt der 59-Jährige seine Starrsinnigkeit und Verbissenheit, nach dem Motto, dass er sich nichts bieten lasse. Dabei scheint es ihm völlig gleichgültig zu sein, dass viele wissenschaftliche Einwände gegen seine noch immer vorherrschende Panikrhetorik und – politik bestehen. Oder dass nahezu alle anderen europäischen Länder inzwischen einen vollkommen anderen Kurs zur Bekämpfung des Virus eingeschlagen haben.

Dabei kommt im Film auch zur Sprache, dass der SPD-Mann in seiner eigenen Partei für eine lange Zeit nicht die Anerkennung bekam, die er sich gewünscht hatte. Die Corona-Krise eröffnete dem heutigen Gesundheitsminister schließlich als Mahner und Warner die Möglichkeit, endlich im Rampenlicht zu stehen.

Nun kann man das Beharren auf den eigenen Positionen mit Scheuklappen als menschliche Schwäche beurteilen. Man könnte ihm andererseits zugutehalten, dass er sich bemüht, das Image als kleingeistiger Griesgram abzulegen. In jedem Fall wirkt es sich problematisch aus, wenn sich diese Mentalität des Starrsinns auf das politische Handeln auswirkt.

Lauterbach: „Ich glaube, dass die steigenden Corona-Zahlen auch mit dem Krieg zu tun haben.“

Denn angesprochen auf den Umstand, dass durch den Ukraine-Krieg dem Thema Corona möglicherweise „nicht mehr der nötige Ernst gegenüber gebracht wird“, antwortet der 59-Jährige allen Ernstes: „Ich glaube, dass die steigenden Corona-Zahlen auch mit dem Krieg zu tun haben.“ Denn die Menschen würden sich auf den Krieg konzentrieren und hätten den Eindruck, Corona gäbe es nicht mehr, so der Gesundheitsminister.

Eine völlig abwegige Position, die in dieser Form womöglich niemand außerhalb Deutschlands unterschreibt. Häufig werden hohe Infektionszahlen bei gleichzeitig im Durchschnitt weniger schweren Verläufen als Indiz für einen Übergang von einer Pandemie zu einer Endemie bewertet.

Dadurch entfällt auch zunehmend die Begründung eines pandemiepolitischen Ausnahmezustands. In Deutschland hingegen wird aufgrund einer abstrakten Impfquote weiter am Ausnahmezustand festgehalten. Das zeigt sich etwa an der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht entgegen jeder wissenschaftlichen Evidenz, die weltweit kaum ernsthaft in Erwägung gezogen wird. In Österreich wurde die Impfpflicht unlängst ausgesetzt. Doch all dies thematisiert die ARD in Person von Journalist Feldenkirchen erst gar nicht.

SPD-Mann kämpft weiter um unverhältnismäßige Impfpflicht

In dieser Thematik zeigt sich in der Dokumentation erneut die Verbissenheit des SPD-Politikers aus Nordrhein-Westfalen. Trotz politischer Rückschläge, die er aufgrund von verabschiedeten Lockerungen erleiden musste, begräbt der 59-Jährige das Vorhaben Impfpflicht, das mit der gesundheitspolitischen Lage überhaupt nicht in Einklang zu bringen ist, nicht, sondern sagt mit Überzeugung: „Ich tue alles dafür [für die Impfpflicht, Anm. d. Red.].“

Vielmehr gibt er sich enttäuscht über das neue Infektionsschutzgesetz, das trotz Infektionszahlen auf Rekordniveau Lockerungen brachte. Immer wieder blickt das Unverständnis über diese sowie über zu sorglose Bürger durch. Es entsteht mehrmals im Film der Eindruck, dass Lauterbach nicht loslassen kann. Eine Politik, die ihn erst großmachte, möchte er vermutlich nicht aufgeben.

Lauterbachs arrogantes Verhalten und seine Abwertung eines Top-Virologen

In vielerlei Hinsicht offenbart der SPD-Mann in der Dokumentation arrogantes Verhalten. So etwa, als ein Ausschnitt des SPD-Kollegen Jens Singer, der 2005 gegen Lauterbach um die SPD-Direktkandidatur im Wahlkreis Leverkusen – Köln IV antrat, eingespielt wird. Dort sagte der Genosse, Lauterbach sei kein Teamplayer, worauf dieser zornig antwortet: „Wenn man ihn so reden hört, den Kollegen, dann kann man fragen: Warum hat er dann gegen mich verloren?“ Singer habe die Niederlage wohl noch nicht verarbeitet. Dass der 59-Jährige seine Eigenschaft als Teamplayer gewissermaßen konterkariert, fällt ihm augenscheinlich nicht auf.

In dem Zusammenhang verdeutlicht sich durch die Dokumentation weiterhin das eigenartige Verständnis des gebürtigen Düreners von der wissenschaftlichen Relevanz einiger führender Virologen in Deutschland. Dabei zieht er einen abstrusen Vergleich mit der Fußballwelt, den der Nordrhein-Westfale folgendermaßen einleitet: „In der Wissenschaft selbst käme keiner auf die Idee, zu sagen, dass Herr Stöhr ein Top-Virologe ist und im Vergleich mit Herrn Drosten stehen könnte.“ Der Unterschied sei vergleichbar mit dem zwischen dem FC Bayern München und dem FC St. Pauli.

Allerdings arbeitete Stöhr viele Jahre bei der WHO als Leiter des Influenzaprogramms, wodurch er mit dem Thema Pandemiebekämpfung zu tun hatte. Erstaunlich ist ferner, dass andere europäische Länder offenbar nach den Empfehlungen Stöhrs für Deutschland agieren und sich somit lieber am angeblichen FC St. Pauli und nicht an Bayern München orientieren.

Dass diese absurde Position in Lauterbachs Vorstellungen der Wahrheit entspricht, verwundert nicht. Möglicherweise hat das bessere Corona-Krisenmanagement der anderen Länder auch mit der lausigen Datenlage sowie zweifelhaften Debatten in Deutschland beispielsweise über die „No-Covid-Strategie“, mit der eine Ausrottung des Virus angestrebt wurde, zu tun.

Lauterbach sieht Altkanzler Schröder an „der Grenze zu einer Witzfigur“

Eine gewisse Arroganz wird zudem deutlich, als es um Russland und die Russland-Reise von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) geht. In dem Kontext verlautbart der Gesundheitspolitiker, dass Schröder ihm leidgetan habe. Daraufhin sagte er: „Der ganze Auftritt grenzte ans peinliche Fremdschämen.“ Gleichzeitig spricht Lauterbach von „der Grenze zu einer Witzfigur“. Bei diesen Begriffen mag der eine oder andere Zuseher an Lauterbach selbst gedacht haben.

An anderer Stelle zitiert der 59-Jährige noch den Spruch: „Wenn man der Klügste im Raum ist, ist man im falschen Raum.“ Auch hierdurch dürfte die Beziehung zu seinen Mitmenschen verdeutlicht werden. Lauterbach hält augenscheinlich sehr viel von sich; er scheint von sich außerordentlich überzeugt zu sein.

Auch Anekdote verweist auf eigenartige Einstellung des Ministers zur Wissenschaft

Geprägt ist die Dokumentation auch von Anekdoten rund um den Nordrhein-Westfalen, die mal mehr, mal weniger wichtig erscheinen. Bedeutend ist jedoch die Begründung Lauterbachs für seine salzarme Ernährung. Der Gesundheitsminister wörtlich: „Ende der 80er Jahre ist da eine Studie gemacht worden, an der ich peripher beteiligt gewesen bin.“ Es sei darum gegangen, wie gefährlich Salz für bestimmte Erkrankungen sei. Dass der 59-Jährige sein Leben in Teilen nach einer ca. 40 Jahre alten Studie, an der er selbst zu schaffen hatte, ausrichtet, sagt viel über den SPD-Politiker aus.

Denn auch in der Corona-Krise ist erkennbar, dass Lauterbach statt auf einen breiten wissenschaftlichen Diskurs oftmals lieber auf das Beziehen auf selektiv ausgewählte Studien setzt, bei denen ihm dann auch noch vorgeworfen wird, dass er sie nicht selten teilweise falsch interpretiert. Doch gerade in der Rolle als Minister ist es wichtig, neue wissenschaftliche Erkenntnisse einzubeziehen und einen politischen Kompromiss zwischen verschiedenen Interessen zuzulassen.

Thematisiert werden gegen Ende des Films weiterhin die zahlreichen Talkshow-Auftritte des Ministers. Doch anstatt hinsichtlich der massiven medialen Präsenz, während bedeutende Wissenschaftler und Experten deutlich weniger Sendungsteilnahmen zu verzeichnen haben, kritisch nachzuhaken, fragt Feldenkirchen nach dem Büffet der Talkshow-Formate. Ein Symbol dafür, dass Lauterbach mit der Dokumentation eher der Bauch gepinselt wird, statt seine Auftritte, Panikszenarien und gesundheitspolitischen Ansichten zu hinterfragen.

Letztlich bleibt festzuhalten, dass Karl Lauterbach in dem TV-Format einen von Arroganz und absurden Aussagen geprägten Auftritt hinlegte. Besonders im Hinblick auf die Corona-Krise wurden erneut seine Borniertheit und sein Beharren auf Positionen, die nicht verhältnismäßig sind, deutlich. Dabei stellte ihn Journalist Feldenkirchen allerdings auch vor keine größeren Herausforderungen, da er es oftmals versäumte, den Gesundheitsminister zu kritisieren.

Dabei würde es dem 59-Jährigen gut zu Gesicht stehen, einen Irrtum – wie etwa das Einfordern einer Impfpflicht – zuzugeben und sich auf einen anderen Pfad zu begeben. Denn gerade als Minister hat man eine große Verantwortung und sollte offen für einen kritischen wissenschaftlichen Diskurs sein. Es bleibt zu hoffen, dass Lauterbach seine getätigten Aussagen sowie seine gesamte Pandemiepanikpolitik zeitnah überdenkt.


Sie können die Sendung hier in der ARD-Mediathek ansehen.

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