Omikron: Ärztin unter Druck gesetzt?

Angelique Coetzee

Die Medizinerin Angelique Coetzee hat im Herbst die Omikron-Variante des Coronavirus entdeckt. Die 62-Jährige gab frühzeitig Entwarnung und wies darauf hin, dass Omikron milde Verläufe verursache. In einem Interview mit der Welt gibt die Ärztin nun Einblicke in die Zeit nach der Entdeckung: Sie sei von westlichen Regierungen unter Druck gesetzt worden, nicht über ihre Ergebnisse zu sprechen.

Angelique Coetzee, südafrikanische Entdeckerin der Omikron-Variante des Coronavirus, hat europäischen Ländern vorgeworfen, sie bezüglich öffentlicher Aussagen zu milderen Krankheitsverläufen bei Omikron unter Druck gesetzt zu haben:

„Mir wurde gesagt, ich solle öffentlich nicht erklären, dass es eine milde Erkrankung sei“, berichtet die 62-Jährige in einem Interview. „Ich wurde gebeten, von derartigen Äußerungen Abstand zu nehmen und zu sagen, es sei eine ernste Erkrankung.“ Dies habe die Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands jedoch abgelehnt.

Im Interview begründet sie diesen Schritt:

„Ich bin Klinikerin und dem Krankheitsbild zufolge bestehen keine Anzeichen dafür, dass wir es mit einer sehr ernsten Erkrankung zu tun haben. Der Verlauf ist überwiegend mild.“

Coetzee greift Politiker scharf an

Als ihr Interviewpartner wissen möchte, weshalb verhindert werden sollte, dass Coetzee ihre Beobachtungen publik macht, geht die 62-Jährige die westlichen Regierungen hart an:

„Was ich irgendwann einmal gesagt habe – weil ich es einfach leid war: In Südafrika sei dies eine milde Erkrankung, aber in Europa sei es eine sehr ernste. Das war es ja, was Ihre Politiker hören wollten.“ Als die Frage gestellt wird, ob der Druck von westlichen Regierungen oder südafrikanischen Behörden kam, antwortet Coetzee vielsagend: „Nicht von südafrikanischen Behörden.“

Medizinerin lies sich nicht einschüchtern

Coetzee berichtet in diesem Zusammenhang von europäischen Wissenschaftlern, die sie für ihre Befunde scharf angegriffen hätten. Von ihrer Meinung, die Regierungen hätten überreagiert, möchte die Ärztin jedoch keineswegs abrücken. Die Politik würde Entscheidungen treffen, ohne auf die Mediziner vor Ort zu hören:

„Dabei muss man sich in einer Pandemie nun mal auch ansehen, was an der Basis passiert. Bei den Hausärzten, die täglich Erkrankte behandeln, muss nachgefragt werden, was sie erleben, wie sich das Krankheitsbild darstellt. […] Immer zählt die Meinung des Wissenschaftlers oder der Professorin, die nie mit einem Patienten in Berührung kommen. Niemand fragt, was an der Basis passiert.“

Sie werde sich nicht zum Schweigen bringen lassen, erklärte die 62-Jährige entschlossen.

„Sie haben es versucht, aber sie haben es nicht geschafft.“

WHO kam zur Einstufung „besorgniserregend“

Anders als Coetzee hatte die Weltgesundheitsorganisation Omikron als „besorgniserregend“ eingestuft. Die Medizinerin hatte schon zu diesem Zeitpunkt kritisiert, dass vor Omikron als „extrem gefährliche Virusvariante“ gewarnt worden sei.

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