Einseitiger Corona-Talk bei Anne Will

TV-Kritik

Einseitiger Corona-Talk bei Anne Will

Unter dem Titel „Omikron-Welle da, Impfpflicht nicht – mit welchem Plan geht Deutschland ins dritte Corona-Jahr?“ sind am gestrigen Sonntagabend bei Anne Will folgende Teilnehmer zu Gast gewesen: Hendrik Wüst (CDU-Ministerpräsident in NRW), Marco Buschmann (Justizminister der FDP), Prof. Uwe Janssens (Intensivmediziner), Prof. Alena Buyx (Vorsitzende des Deutschen Ethikrats) sowie Helene Bubrowski (FAZ-Journalistin). Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass der politische Corona-Schlingerkurs der Altparteien ohne Fahrplan und Verstand weiterverfolgt wird, während Moderatorin Will wiederholt kritisches Nachfragen versäumte.

Wie sollte es bei den öffentlich Rechtlichen anders sein, startete die Sendung mit einem Zitat von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), womit Beschwichtigung und Hoffnung direkt in weite Ferne rückten. Intensivmediziner Janssens unterstützte den SPD-Mann und stellte dar, dass „wir in der kommenden Woche wahrscheinlich die 200.000 [Neuinfektionen, Anm. d. Red.] knacken [werden].“ Deshalb dürften wir uns nicht in Sicherheit wiegen. Trotz dieser vermeintlichen Horror-Zahlen sprechen die aktuellen Corona-Daten von den Intensivstationen allerdings eine andere Sprache: Denn diese sind weitgehend stabil.

Was folgte, waren zunächst Beschwerden über politisch selbstverschuldete Gegebenheiten wie den Personalmangel beispielsweise auf den Normalstationen sowie Defizite bei den Daten im Gesundheitswesen. Dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Mitarbeiter in ebenjenem Bereich den Personalnotstand noch verschärfen wird, kam hingegen nicht zur Sprache.

Buschmann bricht Versprechen und spricht im Zuge der Impfpflicht von „befrieden“

Eindeutig offenbar wurde in der Sendung erneut die Rolle der Umfaller-FDP und ihres Justizministers Marco Buschmann, der sein im November 2021 angekündigtes Versprechen, dass „alle Maßnahmen spätestens mit dem Frühlingsbeginn am 20. März 2022 [enden]“ offenkundig nicht einhalten wird. Wie so oft in dieser Corona-Krise rechtfertigte er sich damit, dass sich seitdem die Lage verändert habe. Ein allseits beliebtes Totschlagargument.

In den folgenden Minuten rückte die potenzielle allgemeine Impfpflicht in den Fokus der Debatte. Buschmann gab als Erstes zu erkennen, dass eine Entscheidung über diese Frage „befriedend“ wirken soll. Wie jedoch ein Verstoß gegen die körperliche Unversehrtheit (Artikel 2, Grundgesetz) im Falle einer solchen Impfpflicht die Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, „befrieden“ soll, sagte der FDP-Politiker erwartungsgemäß nicht.

Wüst will allgemeine Impfpflicht und droht Nicht-Geimpften

NRW-Ministerpräsident Wüst zeigte sich als klarer Befürworter der allgemeinen Impfpflicht. Es seien jetzt diejenigen dran, die sich bisher geweigert haben. Dabei hatte der 46-Jährige kein gutes Wort für die Freiheit des Individuums übrig und erklärte weiter:

„Wer dabei nicht mitzieht, der muss damit rechnen, dass er ein Bußgeld bezahlen muss.“

Die Ethikratsvorsitzende Buyx hakte ein und forderte „mit vollem Turbo“ Impfwerbung z.B. durch noch mehr Angebote und personalisierte Einladungen zu betreiben. Des Weiteren echauffierte sich Janssens, dass die Mediziner keine Handhabe über digitale Daten der Patienten hätten.

Impfpflicht-Kritiker werden in Talk-Runde schmerzlich vermisst

Die rechtlichen Fragestellungen zu einer allgemeinen Impfpflicht wurden gerade einmal am Rande thematisiert. Insbesondere Moderatorin Will gab dabei keine gute Figur ab. Kritischer Journalismus hätte sich dadurch ausgezeichnet, dass darauf beharrt worden wäre, dass eine Impfpflicht aufgrund des Verlaufs einer Erkrankung besonders bei Jüngeren sowie aufgrund der Tatsache, dass auch Geimpfte ansteckend sein können, nicht verhältnismäßig wäre. Keiner der Gäste sprach sich eindeutig gegen diese Maßnahme aus. Ein weiteres Anzeichen, wie einseitig die Auswahl der Teilnehmer erfolgte.

Spannung kam auch deswegen keine auf, weil immer wieder die gleichen Klagen zu vernehmen waren: Neben der mangelhaften Digitalisierung im Gesundheitsbereich betraf es diesmal auch den Mangel an PCR-Tests. In einem Einspieler hieß es diesbezüglich, dass alleine die Stadt Wien mehr solche Tests in einer Woche durchführe als die ganze Bundesrepublik. Ein organisatorisches Desaster, auf das auch FDP-Mann Buschmann keine zufriedenstellende Antwort hatte.

Fazit: Eigenartige Themensetzung debattiert von ahnungslosen Entscheidern

Abschließend muss auch die Frage erlaubt sein, ob das generelle Thema des Abends gut gewählt wurde. Schließlich bewegen Inflation und steigende Energiepreise, eine Innenministerin Faeser (SPD), die Zensurbestrebungen äußert und Demonstrationen verächtlich macht, sowie selbst der Ukraine-Konflikt die Menschen in Deutschland wohl genauso. Und wenn es Corona sein muss, dann sollte zumindest die schikanöse Verkürzung des Genesenen-Status auf drei Monate sowie die willkürliche Degradierung von Johnson & Johnson – Geimpften zu Nicht-Geimpften stärker im Mittelpunkt stehen.

Fazit: Mit einer weiteren Debatte über die allgemeine Impfpflicht, bei der in der Runde keine eindeutigen Gegner einer solchen zu Wort kamen, wurde die Kopflosigkeit der führenden Politiker unseres Landes ein weiteres Mal aufgezeigt. Statt diesen unverhältnismäßigen, freiheitsfeindlichen Eingriff in die Grundrechte endlich zu den Akten zu legen, wird augenscheinlich ahnungslos weiter darauf beharrt. Die unkritische Leitung der Moderatorin Will tat ihr Übriges – wer diese Talkshow nicht sehen konnte oder wollte, hat außer erwartbarer Aussagen nichts verpasst.

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